Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Vom Ende aller Tage

Von Stefan Zeeh

Spätestens seit Hollywood-Streifen wie „Armageddon“ oder „Deep Impact“, in denen riesige Meteoriten auf die Erde zurasen und so die Erdbevölkerung bedrohen, wird die „Gefahr aus dem Weltall“ immer wieder in der Öffentlichkeit thematisiert (Repro: Continental Dynamics Workshop/NSF). Was steckt aber wirklich dahinter, wie real ist die Bedrohung durch Objekte aus dem Weltall und wie können wir uns davor schützen?

Fragen, denen Wissenschaftler aus Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen zusammen mit Versicherungsfachleuten, Ökonomen und Psychologen bei dem durch die Klaus Tschira Stiftung geförderten Symposium „Kollisionen mit Asteroiden und Kometen“ in der Heidelberger Villa Bosch nachgingen.

„In unserem Sonnensystem sind alle planetaren Körper mit festen Oberflächen von Einschlagskratern übersät.“ Damit machte Privatdozent Dr. Mario Trieloff vom Institut für Geowissenschaften der Heidelberger Ruprecht-Karls-Universität, der die Tagung organisiert hatte, deutlich, dass Kollisionen von festen Objekten im Weltall nichts Ungewöhnliches sind. So gehen auf der Erde täglich 100 Tonnen kosmischer Staub sowie jährlich einige metergroße Meteoriten nieder, die allerdings nicht besonders gefährlich sind.

Seltener sind dagegen Einschläge von einigen zehn Meter großen Objekten, wie beispielsweise der Meteorit, der im Jahr 1908 das Tunguska-Ereignis in Sibirien verursachte, bei dem in einem Umkreis von 30 Kilometern Bäume entwurzelt wurden. „Nur alle 100 bis 1000 Jahre kommt so etwas vor“, erläuterte Geowissenschaftler Trieloff. Der Einschlag größerer Objekte mit einem Durchmesser von etwa einem Kilometer, von denen eine globale Gefährdung ausgeht, dürfte dagegen nur etwa alle eine Million Jahre zu erwarten sein.

So finden sich auch auf der Erde einige größere Meteoritenkrater. Einer davon ist das Nördlinger Ries in Süddeutschland. Hier ging vor 14,8 Millionen Jahren ein gut ein Kilometer messender Steinmeteorit nieder, der einen 24 Kilometer großen Krater hinterließ. „Durch den Einschlag verdampfte das Gestein und es entstand eine Glutwolke mit Temperaturen mit bis zu 2000 Grad Celsius“, schilderte Prof. Wolfgang Stinnesbeck vom Institut für Geowissenschaften der Ruperto Carola die Folgen dieses Meteoriteneinschlags.

Gleichzeitig bildete sich eine geschlossene Decke aus Gesteinsschutt rund um den Krater bis in eine Entfernung von 40 Kilometern. „In der zeitgleich gebildeten niederrheinischen Braunkohle finden sich jedoch keinerlei Spuren von dem Meteoriteneinschlag im Nördlinger Ries“, hielt Wolfgang Stinnesbeck die doch recht regionalen Auswirkungen dieses auf der Erde niedergegangenen Meteoriten fest.

Auch den Zusammenhang von globalen Aussterbeereignissen verschiedener Organismenarten mit dem Einschlag eines Meteoriten sah der Geowissenschaftler eher kritisch. So zeigte er, dass eigentlich nur bei dem Aussterbeereignis an der Kreide/Tertiär-Grenze vor 65 Millionen Jahren, bei dem auch die Dinosaurier ihr Ende fanden, ein Meteorit niedergegangen war. Alle anderen großen Artensterben der Erdgeschichte seien jedoch wahrscheinlich nicht mit einem Meteoriteneinschlag korrelierbar.

Möglichkeiten der Abwehr eines auf die Erde zurasenden Meteoriten, die es heute schon gibt, stellte Michael Kahn vom European Space Operations Centre (ESOC) in Darmstadt vor. Bei der „Don Quijote Mission“ der Europäischen Weltraumorganisation ESA soll beispielsweise ein 500 Kilogramm schweres Projektil auf einem kleinen Asteroiden zum Einschlag gebracht werden, wodurch dieser aus seiner Bahn gelenkt werden soll.

Allerdings ist derzeit noch nicht klar, ob jemals eine Rakete zu dieser Mission abheben wird, da das Projekt noch nicht über eine Konzeptstudie hinaus gekommen ist. Auf jeden Fall steht vor jeder Meteoritenabwehr die genaue Beobachtung der durch das Sonnensystem sausenden Objekte, was durch das Near Earth Object-Programm der NASA erfolgt, das Alan Harris vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Berlin erläuterte. Die Problematik bei der Beobachtung von Asteroiden liegt allerdings darin, dass bisher nur größere Objekte rechtzeitig erkannt werden können, um sie möglicherweise von ihrer die Erde kreuzenden Bahn abzulenken.

Eine weitere wichtige Aufgabe der nächsten Jahre ist die Erarbeitung eines schlüssigen Konzepts für das Risikomanagement, also die Optimierung der Vorgehensweise bei der Suche erdnaher Asteroide, der Organisation von Abwehrmaßnahmen und der Finanzierung der Vorhaben. Diesen Aspekt beleuchteten Prof. Friedemann Wenzel vom „Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology“ (CEDIM) in Karlsruhe sowie aus Heidelberg Prof. Joachim Funke vom Psychologischen Institut und Prof. Timo Goeschl vom Alfred-Weber-Institut für Wirtschaftswissenschaften. Die Heidelberger Hochschullehrer gehören dem Marsilius-Kolleg an, das innovative Problemlösungsansätze an interdisziplinären Schnittstellen verfolgt.

Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten Jahren ein großer Meteorit auf der Erde einschlägt, äußerst gering ist, so wird dieses Katastrophenszenario die Menschen immer wieder beschäftigen. Das liegt vor allem an dem großen Schaden, der damit verbunden wäre. „Ein großer Meteoriteneinschlag liegt jenseits unserer Lebenswirklichkeit und ist deshalb so interessant“, gab Ulf von Rauchhaupt von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung eine Erklärung für das Interesse der Medien an Meteoriten. Das öffentliche Interesse an dem Thema kommt jedoch den Wissenschaftlern bei ihrem Bemühen zugute, Forschungsgelder für die Asteroidenbeobachtung zu bekommen.

Kontakt:

PD Dr. Mario Trieloff
Institut für Geowissenschaften
Im Neuenheimer Feld 234-236, 69120 Heidelberg
Tel. 0 62 21/54 60 22
E-Mail: trieloff@min.uni-heidelberg.de