Siegel der Universität Heidelberg
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Nicht nur wirtschaftlich im Kommen

Beim Indientag der Universität wurde für den wissenschaftlichen Austausch geworben

Sibu und Manju sind junge ­„Pioniere“. Die beiden Heidelberger Studenten waren im Ausland. Gut, das ist nichts Besonderes an der Ruperto Carola, die mit ihren internationalen Kontakten glänzt. Doch der Medizinstudent Sibu und die Politikstudentin Manju waren für mehrere Monate in Indien. Er in Bangalore, sie in Neu Delhi. Denn der südasiatische Subkontinent ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch wissenschaftlich ein aufstrebender Star.

Geht es nach Forschungsministerin ­Annette Schavan, sollen es viele deutsche Studenten Sibu und Manju nachmachen. Schavans Ministerium stellt satte 4,3 Millionen Euro zur Verfügung, um den universitären Austausch mit Indien zu fördern. „Wir brauchen mehr Nachwuchs mit Indienkompetenz“, sagt die Ministerin. Und betrachtet man sich Prognosen, wonach der Kontinent mit seinen 1,13 Milliarden Einwohnern schon in wenigen Jahrzehnten zu einer der stärksten Wirtschaftsnationen anwachsen dürfte, wird auch klar, warum.
Doch mehr als das. „Indien ist ­eines der großen und spannenden Forschungsfelder der Welt“, sagt Professor Stefan Hormuth, Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Daher hat seine Organisation zusammen mit dem Forschungsministerium ein neues Stipendienprogramm aufgelegt. „A New Passage To India“ heißt es – in Anlehnung an den berühmten Reisebericht von Edward Morgan Forster. Der Indientag an der Universität Heidelberg läutete das neue Programm ein.

„Wir wollen Appetit machen auf ­Indien“, sagt Hormuth. Und das bezog sich nicht nur auf den Duft von indischem Essen, der durch die Neue Universität wehte oder auf die exotische Musik, die aus einigen Sälen drang. Die Entwicklungen, die sich dort abspielten, würden im Westen noch viel zu wenig wahrgenommen. Daher wolle er junge Menschen ermuntern, zum Studium, für eine Forschungsphase oder für ein Praktikum mit Landeskunde nach Indien zu reisen. Der DAAD fördert solches Engagement ab 2009 mit Stipendien. Es sollen aber auch akademische Kompetenzzentren – beispielsweise in Madras – aufgebaut und gemeinsame Lehrpläne ausgearbeitet werden. Ein deutsches Kompetenzzentrum in Sachen Indien steht schon seit Jahren in Heidelberg. Das interdisziplinäre Südasien-Institut (SAI) ist eine der ersten Adressen für Studenten und Wissenschaftler mit diesem regionalen Schwerpunkt. 4500 Haupt- und Nebenfächler tummeln sich in den acht SAI-Teildisziplinen – von Politik über Geschichte und Geografie bis Sprachen.

Auch Indiens Botschafterin Meera Shankar kam nach Heidelberg und trug sich, hier mit Rektor Bernhard Eitel, in das Goldene Buch der Universität ein.    
Auch Indiens Botschafterin Meera Shankar kam nach Heidelberg und trug sich, hier mit Rektor Bernhard Eitel, in das Goldene Buch der Universität ein.
Foto: Hentschel

Indische Hochschulen öffnen sich seit ein paar Jahren immer stärker für Kooperationen

Trotz des Standings, dass das Institut genießt, sei der akademische Austausch mit Indien in den zurückliegenden Jahren schwierig gewesen, berichtet SAI-Geschäftsführer Manfred Hake. Gerade im Vergleich zu deutschen Universitäten seien indische Hochschulen lange „bessere Oberschulen“ gewesen: streng verschult und mit qualitativen Problemen. „Seit drei Jahren wird das besser“, beobachtet Hake. Die indischen Hochschulen würden sich immer stärker für Kooperationen mit internationalen Institutionen öffnen. Seit 2005 am SAI die Südasien-Studiengänge auf den Bachelor umgestellt wurden, ist ein Auslandssemester verpflichtend. Hilfreich sind hier die Außenstellen des SAI in Indien, Pakistan, Nepal und Sri Lanka. Hier wird seit Jahren ein Kontakt-Netzwerk aufgebaut, berichtet Peter Braun, Leiter der Außenstelle in Neu Delhi. Unterstützung bei der Vorbereitung eines Studienjahrs in Südasien, aber auch bei Problemen vor Ort ist da garantiert.

Angst vor dem großen Indien-­Chaos muss daher niemand haben. Und auch wenn es nicht ausbleiben wird, da nehmen Sibu und Manju kein Blatt vor den Mund: „Vergiss es, alles exakt durchplanen zu wollen“, rät Politikstudentin Manju. In Indien laufe vieles einfach anders. Daher: „Es kommt ohnehin meist anders als du denkst.“ Aber genau dieses „Abenteuer Alltag“ mache den Charme Indiens aus. Sollte es einem für das Studium direkt auch nichts gebracht haben, weil vielleicht am Ende nicht alle Scheine angerechnet werden – Asien wird jeden persönlich verändern.
Alexander R. Wenisch

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