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Kapital ohne Moral?

„sneep“ sucht nach Lösungen für die Vereinbarkeit von Wirtschaft und Ethik

Kapital ohne Moral?  
Für Carsten Heinrich, Florian Britsch, Ivo Bielitz und Thiemo Woertge von „sneep“ Heidelberg ist Gewinnmaximierung in der Wirtschaft nicht das höchste Gut.
Foto: Tonner

Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass man als Unternehmer Arbeit zu sozialen und ethisch vertretbaren Bedingungen anbietet, und nicht nur, weil man auf seine Mitarbeiter angewiesen ist. Auch moralische Vorbildhaftigkeit und Umweltschutz werden von den Managern erwartet. In Zeiten aber, in denen eine Handy-Marke oder der ehemalige Post-Chef zu Synonymen für die Infragestellung unternehmerischer Moral werden, gibt es, was diese Dinge angeht, reichlich Diskussionsstoff für eine studentische Hochschulgruppe wie „sneep“.

Was sich wie ein Niesen anhört, heißt vollständig „student network for ethics in economics and practice“. Diese Gruppe von Studierenden für Studierende existiert an siebzehn deutschen Universitäten, außerdem in Zürich, Siena sowie Rom, und seit kurzem auch an der Universität Heidelberg. Bundesweit ist sie bereits seit 2003 aktiv und kooperiert u.a. mit dem Deutschen Netzwerk Wirtschaftsethik e.V. Isabelle-Jasmin Roth, momentan für ein Praktikum in Singapur, legte den Grundstein für die Heidelberger Filiale. Ihr schlossen sich bald Florian Britsch, Carsten Heinrich, Ivo Bielitz und Thiemo Woertge an. „Gerade unsere Generation muss sich verpflichtet fühlen“, so Florian Britsch, „schon während des Studiums sich mit CSR (Corporate Social Responsibility = Unternehmerische Sozialverantwortung) auseinander zu setzen und frühzeitig die Weichen für das spätere Berufsleben anders als bisher zu stellen.“

Die Globalisierung zwinge uns zudem, über den europäischen Tellerrand zu blicken und uns mit den Arbeitsbedingungen in den Ländern zu konfrontieren, in denen unsere Produkte hergestellt werden. „Doch auch hier hilft kein Schwarz-Weiß-Denken“, ist sich Ivo Bielitz seit den letzten „sneep“-Treffen und Gesprächen bewusst geworden. Sicherlich würde jeder gerne Kinder­arbeit abschaffen, aber dass die Kinder oft zum Überleben der ganzen Familie beitragen, werde dabei oft übersehen. Pauschalurteile aus dem fernen Europa, ohne die Situation vor Ort zu kennen, helfen da wenig. Ein moralisch vertretbarer Mittelweg, so Ivo Bielitz, muss hier gegangen werden, wie beispielsweise Arbeit zu festgelegten Bedingungen verbunden mit der Möglichkeit, die Schule zu besuchen.

Die Vielschichtigkeit der Probleme fasziniert Carsten Heinrich genauso wie die unterschiedlichen Herangehensweisen, Lösungsansätze für die Vereinbarkeit von Wirtschaft und Ethik zu finden. Letztere darf aber kein Extra sein, meint Florian Britsch, das man sich als Unternehmen leistet, wenn es einem finanziell gut geht und man nicht auf einen radikalen Sparkurs angewiesen ist, unter dem dann schnell ein paar Köpfe rollen. Doch sehen die vier ein, dass das Thema nicht immer leicht zu greifen ist und einfache Patentlösungen kaum gefunden werden können.

Steckt ein Projekt noch in den Kinderschuhen, holt man sich am besten Eltern oder Paten, die beim Erwachsenwerden helfen. „sneep“ wird von einem mit fünf Fachleuten besetzten Kuratorium unterstützt. Die fünf Männer kennen Ethik und Wirtschaft sowohl von der Universität, also in der Theorie, wie auch aus dem Geschäftsleben in der Praxis. Überhaupt wird „Networking“ bei „sneep“ groß geschrieben. Es erleichtert neuen Lokalgruppen, wie der an der Universität Heidelberg, durch Zurückgreifen auf bestehendes Infomaterial und Kontakte zu Referenten den Einstieg in die selbst gestaltete Weiterbildung. Jeder, der daran interessiert ist, den Zusammenhängen von Wirtschaft und Ethik in der Welt ein bisschen auf die Spur zu kommen, ist bei „sneep“ willkommen. Die gemeinsame Arbeit wird auch über das Studium hinaus Früchte tragen, ist sich Thiemo Woertge sicher.

Wer mitmachen möchte, ist herzlich eingeladen – egal aus welcher Fachrichtung er oder sie kommt. Denn gerade die unterschiedlichen Blickwinkel, die Stu­dierende der Philologien, Mathematik, Biologie, Soziologie, Philosophie oder ­Politikwissenschaft mitbringen, befruchten die Diskussion. Einzige Voraus­setzung ist das Interesse am Thema und die Lust, sich selbst einzubringen – „sneep“ sieht sich dabei frei von partei­politischen Denkrichtungen. Ein nicht zu vernachlässigendes Engagement der bundesweiten Hochschulgruppe ist ­neben der Organisation von Tagungen und Vorträgen die Vermittlung von Praktika und Stellen für Abschlussarbeiten in Firmen, die sich bereits eine Unternehmensphilosophie auf die Fahnen geschrieben haben.

Magdalena Tonner

Interesse geweckt? Mehr Infos ­unter www.sneep.info. Kontakt zum Heidelberger „sneep“-Ableger über heidelberg@sneep.info oder ­Florian_Britsch@web.de


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