Siegel der Universität Heidelberg
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Umsetzung des Strategiepapiers

Ein Wissenschaftler-Team um Professor Sonntag begleitet den Veränderungsprozess

Gewaltige Programme werden derzeit an Deutschlands Universitäten angeschoben: Exzellenzinitiative, Einführung von Studiengebühren, Umstellung auf Bachelor-/Master-Strukturen, um nur die bekanntesten zu nennen. In Heidelberg wurde vor zwei Jahren zudem das Strategiepapier aus der Taufe gehoben – ein ebenfalls ehrgeiziges Programm mit dem Willen zur Umgestaltung. Ein Team um den Arbeits- und Organisationspsychologen Professor Karlheinz Sonntag begleitet und evaluiert diesen Veränderungs- prozess.

Sonntag und sein Assistent Dr. Ralf Stegmaier erläutern, dass solche komplexen Prozesse ihre Ziele häufig gar nicht erreichen. Meist fehlt es an professioneller Steuerung und Durchsetzungsstärke, an unzureichender Kommunikation oder auch an Möglichkeiten der Partizipation, was wiederum zu mangelnder Akzeptanz bei den Beteiligten und zu unzureichender Nachhaltigkeit führe. Dass Rektorat und Universitätsrat vor zwei Jahren sich daher entschlossen, bei der Umsetzung des Strategiepapiers auf die Unterstützung eines in diesen Dingen erfahrenen Wissenschaftler-Teams zurückzugreifen, bezeichnet Sonntag als "innovativ".

Die Aufgabe ist schwer genug. Eine Universität kann zwar in manchen Aspekten durchaus mit einem Unternehmen verglichen werden, in dem solche Change-Prozesse fast zum Alltag gehören. Bei näherer Betrachtung zeigt sich aber, dass man es auf dem Campus eben doch mit einer anderen Welt zu tun hat. "Professoren beispielsweise", führt der Arbeits- und Organisationspsychologe aus, "sind autonomes Handeln gewöhnt. Top-down-Entscheidungen stehen sie prinzipiell kritisch gegenüber". Hinzu komme mangelnde Erfahrung im Umgang mit Veränderungen: "Die Anwendung von Management-Tools wie Zielvereinbarungen, Projektmanagement oder Anreizsystemen muss in der Universität in der Regel erst einmal erlernt werden. Wenn es zu den angestrebten Department-Strukturen kommt, müssen sich Professoren auch betriebswirtschaftlich verantwortlich fühlen, müssen Controlling- und Personalführungs-Funktionen übernehmen." Deshalb sei es sinnvoll, Personalentwicklungsprogramme aufzulegen, die auch die Wissenschaftler mit einbeziehen.

Tools mussten entwickelt werden, die eventuelle Hemmnisse sichtbar machen

In Form einer kombinierten Quer- und Längsschnittuntersuchung mit drei bis vier Messzeitpunkten wird der im Oktober 2004 gestartete Veränderungsprozess der Universität Heidelberg wissenschaftlich begleitet. Bei der formativen Evaluation geht es darum, aktuelle Veränderungsschwierigkeiten zu erfassen und über den Lenkungsausschuss zu klären. "Eine der ersten Aufgaben", erklärt Professor Sonntag, "war es, Tools zu entwickeln, die in Kürze den Stand der Dinge und eventuelle Hemmnisse schnell sichtbar machen." Dabei handelt es sich beispielsweise um Controlling- oder Statusberichte. Ganz wichtig sind auch Kommunikationspläne, um über Inhalte zu informieren. Ein Punkt, so Sonntag, der meist unterschätzt wird.

Schließlich gibt es noch die summative Evaluation. Hier geht es darum, bei ausgewählten Zielgruppen – in diesem Fall wissenschaftliche Mitarbeiter, Doktoranden und Studierende – zu ermitteln, wie sie die einzelnen Maßnahmen wahrnehmen, wie sie reagieren, welche Verhaltensweisen auftreten und wie sich das auf die Zufriedenheit oder das Stresserleben auswirkt. Auch hier erfolgt ein Rücklauf zur Optimierung des Prozesses, soweit die Auswertungen zu bestimmten Terminen schon vorliegen. Befragt wird zum einen schriftlich, zugleich finden Gesprächstermine mit so genannten Fokusgruppen (ausgewählten Personen aus den Zielgruppen) statt. Ein Instrument, wie Sonntag und Stegmaier im Laufe ihrer Arbeit festgestellt haben, das außerordentlich hilfreich ist, Partizipation zu ermöglichen. Auch eine gewisse Ventilfunktion ist hierbei nicht zu unterschätzen. Dass nun die jetzt ermittelten Antworten gegenüber der ersten Befragung relativ stabil geblieben sind, führen die beiden darauf zurück, dass bestimmte Maßnahmen zur Optimierung des Veränderungsprozesses beim Zeitpunkt der zweiten Befragung noch nicht eingeleitet waren. Deshalb erwarten die Wissenschaftler mit Spannung die dritte Befragung.

Gibt es eine solche Begleitforschung eigentlich auch an anderen Universitäten? In dieser umfassenden Form, so Professor Sonntag, in Deutschland nicht. Evaluierungsstudien gibt es vor allem für Teilbereiche, beispielweise in der Lehre. "Ein interessanter Ansatz wird an einer australischen Universität praktiziert. Dort wurde ein ständiger Ausschuss für Change-Management eingerichtet. So etwas gibt es ebenfalls an der Harvard oder Cornell University und wäre auch für die Universität Heidelberg durchaus überlegenswert." Denn über eines müsse man sich im Klaren sein: jetzt eingeführte Maßnahmen wirken erst in einer gewissen Zeit und müssen weiterentwickelt werden. Wenn so etwas nicht mehr verfolgt würde, "dann passiert genau das, was wir in den Betrieben schon häufig beobachtet haben. Das erzeugt nämlich in hohem Maße Frustration. Zeit, Engagement, Inhalte – alles im Sande verlaufen," resümiert Karlheinz Sonntag. Und hofft, dass die Umsetzung des Strategiepapiers auch zukünftig nachhaltig betrieben und evaluiert wird.

Mehr Infos zum Veränderungsprozess, der unter dem Motto "Uni Heidelberg. Zukunft. Seit 1386" steht, unter www.uni-heidelberg.de/zukunft

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