Siegel der Universität Heidelberg
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Das Interview

Breit gefächerte Interessen

Manfred Lautenschläger hat schon viel für seine Alma Mater getan und will sie auch weiterhin tatkräftig unterstützen

Als Student in Heidelberg hätte es sich Manfred Lautenschläger nicht träumen lassen, dass er einst in die Fußstapfen eines Jacob Gould Schurmann oder eines Georg Poensgen treten würde. Heute zählt er mit zahlreichen Projekten zu den großzügigsten Mäzenen der Ruperto Carola. Im Gespräch mit "Unispiegel"-Redakteur Oliver Fink äußert er sich zum Thema Fundraising, beklagt sich über behördliche Arroganz und erläutert, wie er die Universität in Zeiten des globalen Wettbewerbs sieht.

Herr Lautenschläger, die Deutschen gelten als Weltmeister im Spenden – jedenfalls bei Naturkatastrophen und akuten Notlagen. Zudem hat man das Gefühl, dass private Mäzene stärker im öffentlichen Bewusstsein präsent sind als früher. Und auch das Stiftungswesen scheint eine Renaissance zu erleben. Sehen Sie das auch so?

Lautenschläger: Durchaus. Nach 1945 tat sich in dieser Hinsicht erst mal nicht so viel. Die Deutschen hatten mit dem Wiederaufbau zunächst andere Dinge im Kopf und schufen außerdem einen Versorgungsstaat, der sich um alles kümmerte. Jetzt, in der Krise dieses Wohlfahrtssystems, tun sich Lücken auf. Die Leute sind wieder mehr auf sich allein gestellt. Viele spüren hier das Bedürfnis, einzuspringen, Verantwortung zu übernehmen. Stiftungen hatten ja früher in Deutschland schon mal eine sehr große Bedeutung. Das darf man nicht vergessen. Und gerade heutzutage ist die Gesellschaft auf solche Initiativen wieder verstärkt angewiesen. Wir haben zu allen Zeiten Bürger mit großem Reichtum gehabt. Es muss ja nicht gleich ein Herr Hopp oder ein Herr Tschira mit einer Milliarden-Stiftung sein. Auch mit ein paar hunderttausend Euro kann man schon einiges bewirken.

Manfred Lautenschläger
Foto: MLP AG

Wie sehen Sie die aktuellen Rahmenbedingungen? Vor kurzem wurden die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten für Stifter verbessert und auch das Stiftungsrecht modernisiert.

Lautenschläger: Ehrlich gesagt, das ist ein eher unangenehmes Thema. Ich persönlich habe da leider sehr viel behördliche Arroganz erlebt. Schon allein, dass ich einen Antrag für eine Stiftung stellen muss, empfinde ich als Unsinn. Ich will Gutes tun, brauche aber die Erlaubnis des Regierungspräsidiums dazu. Das ist schon sehr merkwürdig. Im Zusammenhang des Aufbaus meiner Stiftung hatte ich viel Ärger am Hals. Das ging bis zur Androhung, dass ich die Gemeinnützigkeit entzogen kriege – unterschrieben von einer Sachbearbeiterin. So wird da mit einem umgesprungen. Diese Grundhaltung muss raus. Mäzene muss man fördern, gerade wenn man gleichzeitig über leere öffentliche Kassen jammert. Auch eine bessere Öffentlichkeitsarbeit scheint mir hier notwendig.

Als Mäzen der Ruprecht-Karls-Universität engagieren Sie sich in ganz unterschiedlichen Bereichen, sehr viel im medizinischen Bereich, aber auch in geistes- und kulturwissenschaftlichen Feldern sind Sie aktiv. Was ist Ihre Motivation und haben Sie so etwas wie eine Strategie beim Spenden?

Lautenschläger: Das stimmt, ich fördere sehr breitflächig. Das entspricht zunächst einmal meinen breit gefächerten Interessen. Von einer Strategie würde ich nicht unbedingt sprechen, ich sehe es vielmehr als eine kreative Aufgabe an, Geld sinnvoll auszugeben. Das zeichnet im Übrigen auch gutes Unternehmertum aus.

Mit dem Lautenschläger-Forschungspreis haben Sie eine der höchst dotierten Auszeichnungen dieser Art in Deutschland geschaffen. Sind Ihre Erwartungen, die Sie an die Vergabe des Preises geknüpft haben, bislang erfüllt worden?

Lautenschläger: Das klingt jetzt fast ein bisschen übertrieben, aber ich würde behaupten, dass sie sogar übererfüllt wurden. Es ist sehr befriedigend zu sehen, dass hochkarätige Wissenschaftler mit Hilfe des Preises Dinge auf die Beine stellen, die sie sonst nicht hätten finanzieren können. Nehmen Sie zum Beispiel die Bahn brechenden Forschungen von Herrn Professor Krammer auf dem Gebiet des programmierten Zelltods, der Apoptose. Viele Krankheiten liegen dem Entgleisen des als Schutzmechanismus gedachten Zellsterbens zugrunde. Wenn man hier mehr Licht ins Dunkel bringt, kann man vielleicht auch diese Krankheiten in Zukunft besser behandeln, zumindest aber besser in den Griff bekommen. Obwohl die Forschungen von Herrn Krammer in diesem Bereich international wegweisend sind, fehlten ihm noch notwendige finanzielle Mittel zur Fortführung seiner Studien. Mit der Viertelmillion aus dem Preis konnte er also richtig etwas anfangen. Ähnliches gilt für Frau Professor Stachel, die erste Preisträgerin, und Herrn Professor Hölscher, den ersten Geisteswissenschaftler, dem diese Auszeichnung verliehen wurde.

Wahrscheinlich erhalten Sie durch Ihr Engagement auch einen noch besseren Einblick in den Facettenreichtum dieser Universität, noch besser jedenfalls als zu Zeiten Ihres Studiums in Heidelberg?

Lautenschläger: Absolut. Im Übrigen profitiere ich auch ganz persönlich davon, insbesondere, was meine Allgemeinbildung angeht. Projektskizzen zu lesen oder sich mit Wissenschaftlern aus verschiedenen Fachrichtungen einfach mal intensiv zu unterhalten, ist eine große Bereicherung und unheimlich spannend.

Mit dem Dezernat 8 soll an der Universität Heidelberg Fundraising professionalisiert werden. Was halten Sie davon?

Lautenschläger: Ich halte sehr viel davon. Vor etwa einem Jahr hatte ich ein Gespräch zu diesem Thema mit Avi Primor, der wie ich im Universitätsrat sitzt, sowie Moshe Arad, dem Vize-Präsidenten der Hebrew-University of Jerusalem. Sie erläuterten, wie dort Fundraising und Alumni-Betreuung betrieben werden, nämlich richtig professionell, wie man es aus den USA kennt. Man verdrängt ja gerne, dass das auch mit Kosten verbunden ist. Es ist nun einmal so: Wenn Sie Gelder einnehmen wollen, müssen Sie auch investieren. Das funktioniert wie in einem richtigen Unternehmen. In Deutschland steckt professionelles Fundraising nicht mal in den Kinder-, sondern noch in den Babyschuhen. Da muss mehr passieren. In Heidelberg schauen wir jetzt mal, wie es funktioniert. Ein Anfang ist glücklicherweise gemacht. Und ich sehe in der Universität auch die Bereitschaft dazu, sich hier noch stärker als bisher zu engagieren.

Was können Sie da für Tipps geben?

Lautenschläger: Eine wichtige Voraussetzung ist, dem Alumnus-Gedanken noch größeres Leben einzuhauchen als bisher, Leute dazu zu gewinnen wie mich. Gerade in dieser Universität mit ihrer Anziehungskraft und ihrem weltweiten Ruf haben wir ja dafür beste Voraussetzungen. Wir Ehemaligen haben dem Studium viel zu verdanken, egal wie schwer für manche diese Ausbildung auch manchmal gewesen sein mag. Jetzt nehmen wir eine privilegierte Stellung in der Gesellschaft ein und haben die Möglichkeit, etwas von dem zurückzugeben, was wir einst bekommen haben.

Nicht zuletzt als Mitglied des Universitätsrats nehmen Sie an exponierter Stelle aktiv an der Gestaltung der Ruperto Carola teil. Wie sehen Sie den umfassenden Veränderungsprozess, der gerade in der Universität stattfindet? Und wie werben Sie dafür?

Lautenschläger: Als Mann der Wirtschaft sehe ich meine Aufgabe darin, der Universität Heidelberg einen Spiegel vorzuhalten, zu sagen: Bedenke, die Zeiten haben sich geändert. Es herrscht Wettbewerb, globaler Wettbewerb. Und da müssen wir bestehen. Der Staat kann nicht mehr für alles aufkommen. Wobei ich mir vollkommen im Klaren darüber bin, dass eine Universität kein börsennotiertes Unternehmen ist, das auf Gewinnmaximierung auszurichten ist. Insofern handelt es sich um einen Spagat, den man gut hinbekommen muss. Im Ganzen wird das noch ein harter und steiniger Weg werden. Und auf diesem Weg möchte ich die Universität Heidelberg mit allen Kräften unterstützen.

Günther H. Oettinger


Zur Person

Manfred Lautenschläger, 1938 in Karlsruhe geboren, ist Aufsichtsratsvorsitzender der MLP Holding AG in Heidelberg. Nach dem Jurastudium in Heidelberg, Freiburg und Hamburg sowie einer kurzen Tätigkeit als Rechtsanwalt gründete er 1971 – zusammen mit Eicke Marschollek – die Marschollek, Lautenschläger und Partner KG. Das Unternehmen wurde später in eine GmbH und 1984 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Lautenschläger war bis 1999 deren Vorstandsvorsitzender und übernahm danach den Vorsitz des Aufsichtsrats. Manfred Lautenschläger ist verheiratet und hat fünf Kinder. Dem Wahl-Heidelberger, der sich Stadt und Universität seit seiner Studienzeit verbunden fühlt, wurde 1998 die Ehrensenatorwürde verliehen, im Jahr 2000 wurde er in den Universitätsrat berufen. Zu seinem Engagement als Stifter und Sponsor zählen zahlreiche Projekte, darunter das "Heidelberg Haus" in Simferopol oder Hilfsmaßnahmen für Kinder in Afrika. An der Ruperto Carola sind mit seinem Namen u.a. verbunden: die "Heidelberger Steuervilla", ein hoch dotierter Forschungspreis, der Neubau der Kinderklinik, das Diabetes-Forschungszentrum, die Ballschule sowie die Digitalisierung der Palatina Handschriften.

Beim Richtfest der
Beim Richtfest der "Angelika-Lautenschläger-Kinderklinik". Nur durch die großzügige Spende der Manfred-Lautenschläger-Stiftung in Höhe von 13,8 Millionen Euro war eine Realisierung des Projekts möglich. Von rechts nach links: Manfred Lautenschläger mit seiner Frau, nach der die Klinik benannt ist, sowie Rektor Peter Hommelhoff. Foto: Universitätsklinikum
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