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Wer hat Angst vor der Fußball-WM?

Vorschau: 18. Symposium des "Heidelberger Clubs für Wirtschaft und Kultur"

Vom 11. bis zum 13. Mai findet in Heidelberg das mittlerweile 18. Symposium des "Heidelberger Clubs für Wirtschaft und Kultur" statt. Unter den studentischen Initiativen hat es sich längst einen Namen gemacht. Denn während etwa das Berliner "Humboldt Forum Wissenschaft" und das Kölner "Organisationsforum Wirtschaftskongress" ausschließlich Fragen der Wirtschaft und der Wirtschaftspolitik behandeln, zeichnet sich die Arbeit des Heidelberger Clubs durch eine bemerkenswerte Offenheit gegenüber geisteswissenschaftlichen und kulturellen Fragen aus.

Die diesjährige Veranstaltung trägt den Titel "Angst – Blockade unserer Gesellschaft?" "Anfänglich gab es Bedenken, das Thema könnte zu negativ sein und nur wenig Resonanz finden", sagt Julia Herrmann, Vorstandsmitglied des Clubs. Arbeitslosigkeit, Altersarmut, Konjunkturflaute, Terrorismus – der Angst scheint wenig Erfreuliches abzugewinnen zu sein. Gleichzeitig sind es eben diese Themen, die für Aktualität und sozialpolitische Brisanz der Vorträge und Diskussionen bürgen. Daher wird der Schwerpunkt des Symposiums auf diesen Bereichen liegen.

Den Eröffnungsvortrag "Ein Staat in Angst" wird Prof. Dr. Guy Kirsch, Lehrstuhlinhaber für politische Ökonomie an der Universität Fribourg, halten. In den folgenden drei Tagen soll es dann um Licht- und Schattenseiten der Globalisierung gehen, um Sozialstaat, Sicherheitspolitik und Liberalismus. Seit Roman Herzog den Deutschen einen ‚Ruck‘ verordnete, ist es fester Bestandteil jeder politischen Rhetorik, der konjunkturellen Misere psychologisch zu Leibe zu rücken. Seitdem hat sich die Politik vor allem das Ziel gesetzt, Mut zu machen. Angesichts zwar vielbeschworener, aber doch ausbleibender Konjunkturaufschwünge, angesichts der vielfach angekündigten, aber dann doch nicht einsetzenden Belebung des Arbeitsmarktes wird das Heil zunehmend in der Charakterstärke des Einzelnen, anstatt in seiner Vermittelbarkeit durch so genannte Arbeitsagenturen gesucht. Was Reformen nicht bewirken, sollen Optimismus, Eigenverantwortlichkeit und Macherattitüde auf den Weg bringen. Die Vermischung von Populärpsychologie und Politik ist ein Zeichen der Zeit – und kein gutes. Für die Organisatoren des Symposiums Grund genug, dem Phänomen der Angst auf den Grund zu gehen, ihm philosophisch, medizinisch und ästhetisch gerecht zu werden.

Dem Phänomen Angst philosophisch, medizinisch und ästhetisch gerecht werden

Damit kommt dem Heidelberger Symposium das Verdienst zu, weit über den Themenkreis etwa des letztjährigen Symposiums der European Business School in Oestrich-Winkel ("The German Angst") hinauszuführen. Wolfgang Kersting, Professor für Philosophie an der Universität Kiel, zeichnet die Entstehung des modernen Sicherheitsstaates nach und zeigt, wie er selbst wiederum zur Ursache für Angst werden kann. Prof. Dr. Borwin Bandelow, Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Georg-August-Universität Göttingen und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Angstforschung, wird sich dem Thema von medizinisch-therapeutischer Seite nähern. Und schließlich wird es Vorträge zu rezeptions- und produktionsästhetischen Aspekten der Angst geben, so etwa den Vortrag von der Musikwissenschaftlerin Prof. Dr. Dorothea Redepenning (Universität Heidelberg) über den Komponisten Dimitri Schostakowitsch.

Besondere Beachtung verdient sicher das Podiumsgespräch mit Günter Wallraff, Freimut Duve und anderen über das Thema "Macht – Medien – Manipulation". Seit Kants Proklamation des "sapere aude" führt die Frage nach dem Verhältnis von Mut bzw. Angst und Macht ins Zentrum des philosophischen Diskurses der Moderne. Neben den Vorträgen, Diskussionsrunden und Podiumsgesprächen ist vor allem auf die Kolloquien hinzuweisen. Sie haben sich in der Vergangenheit als besonders lebendige und ertragreiche Organisationsformen erwiesen. Das Programm wird von Abendveranstaltungen abgerundet, erstmals wird sogar ein "Kunst- und Kulturpreis" zum Thema "Angst" ausgeschrieben, und auch dass die Eintrittspreise drastisch gesenkt wurden, ist eine erfreuliche Nachricht. So müssen sich die Veranstalter nur eine unangenehme Frage gefallen lassen: Was ist eigentlich mit der Angst vor der WM?

Umfassende Infos über Zeit, Ort, Programm und Referenten unter: www.hcwk.de. Dort kann man sich auch am bequemsten anmelden.

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