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Querschnitt durch die japanische Kunstgeschichte

Bei der Ausstellung des Sammlers John C. Weber, die derzeit in Berlin gezeigt wird, haben Heidelberger Studierende entscheidend mitgewirkt

Mit der Weltpremiere der wohl bedeutendsten Privatsammlung japanischer Kunst, die in der letzten Dekade aufgebaut wurde, feiert das Museum für Ostasiatische Kunst in Berlin-Dahlem gerade sein hundertjähriges Bestehen. Der Katalog der Ausstellung wurde von einem Mitarbeiterteam des hiesigen Instituts für Kunstgeschichte Ostasiens unter der Leitung von Prof. Dr. Melanie Trede herausgegeben.

Die Sammlung des deutschstämmigen Arztes John C. Weber ist in der kurzen Zeit ihres Aufbaus zur exklusiven Anlaufstelle für ein wissenschaftliches Fachpublikum aus aller Welt geworden. Glückliche Umstände eröffneten Weber die seltene Gelegenheit, erstklassige Kunstwerke aus einigen renommierten Museen in Japan zu erwerben, als diese sich aufgrund finanzieller Probleme ab Mitte der 1990er Jahre zum Verkauf gezwungen sahen. Mit der Entschlossenheit des passionierten Liebhabers griff Weber zu und ließ bis heute nicht in seinem Ehrgeiz nach, neue Stücke dazuzukaufen.

Entstanden ist so ein faszinierender Querschnitt durch die japanische Kunstgeschichte, der sich in der Ausstellung mit 78 ausgewählten Objekten von monochromen Tuschmalereien im chinesischen Stil über goldglänzende Stellschirme bis hin zu expressiven Keramiken und Lacken erstreckt. Ein besonderes Augenmerk des Sammlers galt von Beginn an den bislang wenig in außer-japanischen Sammlungen vertretenen Textilien sowie ausgewählten Malereien der „fließenden Welt“ (ukiyoe). Einige der Ausstellungsstücke, wie etwa ein Kalligraphieexzerpt von ca. 1112 oder eine Querrolle des renommierten Ukiyoe-Malers Hishikawa Moronobu, die zwischen 1673 und 1684 entstanden ist, haben in Japan Kultstatus.

New York, New York. Heidelberger Studierende mit ihrer Professorin Melanie Trede nehmen japanische Kunst in Augenschein, die augenblicklich in Berlin zu sehen ist.
New York, New York. Heidelberger Studierende mit ihrer Professorin Melanie Trede nehmen japanische Kunst in Augenschein, die augenblicklich in Berlin zu sehen ist.
Fotos: Rothe
New York, New York. Heidelberger Studierende mit ihrer Professorin Melanie Trede nehmen japanische Kunst in Augenschein, die augenblicklich in Berlin zu sehen ist.

Das Heidelberger Institut für Ostasiatische Kunstgeschichte hat aus dem Defizit, kein Spezialmuseum vor Ort zu haben, eine ausgesprochene Stärke entwickelt. Enge Kontakte zu internationalen Museen und das hohe Ansehen der hiesigen Wissenschaftler haben in der Vergangenheit immer wieder die Betreuung wichtiger Ausstellungsprojekte eingebracht. Und so waren in die Vorarbeiten zum Katalog der Weber-Sammlung von Anfang an auch Studierende des Instituts einbezogen, die zwei Semester lang in Oberseminaren einzelne Malereien bearbeiteten. Bei einer zehntägigen Exkursion nach New York im September 2005 hatten sie dann Gelegenheit, die Originale vor Ort in der Residenz des Sammlers an der Fifth Avenue in Augenschein zu nehmen. Vergleichsstücke wurden aus weiteren öffentlichen und privaten Sammlungen der Metropole herangezogen. Über die eigentliche Katalogvorbereitung hinaus bot der Aufenthalt einen umfassenden Einblick in die Arbeit mit japanischer Kunst. Der Weg führte in Galerien wie auch in Auktionshäuser, zur bedeutenden Fachbibliothek der Columbia University und in das angesehene Conservation Center des Metropolitan Museum, in dem ostasiatische Malereien restauriert werden.

Dazwischen blieb noch ausreichend Zeit für Erholung und Kontakteknüpfen, so etwa bei einem Treffen mit Graduierten der Kunstgeschichte vom Institute of Fine Arts der New York University. Besonders herzlich wurden die Heidelberger in einer weiteren Residenz eines japanischen Kunsthändlers an der Fifth Avenue aufgenommen, wo das Abendessen stilgerecht in japanischem Imari-Porzellan des 18. Jahrhunderts kredenzt wurde. Trotz solch beeindruckender Rahmenbedingungen war die Arbeitsatmosphäre um die kostbaren Objekte immer intensiv. Für alle Teilnehmer brachte die Exkursion einen solch nachhaltigen Motivationsschub, dass selbst der Gang durch die reklameleuchtenden Straßenschluchten und die auf Manga spezialisierten Buchläden der Metropole fast zur Nebensache wurde. Das Ergebnis kann sich nun gedruckt sehen lassen: die besten der von den Studierenden erarbeiteten Texte flossen neben Einträgen von ausgewiesenen Experten in den Katalog ein.

Für das Museum für Ostasiatische Kunst in Berlin herrscht gleich mehrfach Grund zur Freude: Dem Team um Kurator Dr. Alexander Hofmann, übrigens ein Alumnus des Heidelberger Instituts für Kunstgeschichte Ostasiens, ist es gelungen, das Jubiläum mit einem überzeugenden und angemessenen Konzept zu begehen. Nicht zuletzt gibt die Präsentation einer amerikanischen Sammlung japanischer Kunst in einem deutschen Museum ein Bekenntnis zur notwendigerweise internationalen Ausrichtung derartiger Projekte ab. Umso erfreulicher ist, dass in diesem Geflecht das Heidelberger Institut die Rolle eines wichtigen Katalysators bilden konnte.

„Kunst aus Japan: Die Sammlung John C. Weber, New York“. Katalog hrsg. von Melanie Trede, unter Mitwirkung von Anton Schweizer und Mio Wakita, Museum für Ostasiatische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz 2006. Ausstellung noch bis zum 7. Januar 2007. Adresse: Takustr. 40, 14195 Berlin.

Anton Schweizer
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