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Der Sport-Natur-Konflikt

Eine gemeinsame Exkursion Freiburger und Heidelberger Studenten

Sport- und Forstwissenschaft – auf den ersten Blick eine ungewöhnliche Fächerkombination. Carsten Mann, Mitarbeiter am Institut für Forst- und Umweltpolitik in Freiburg, und Daniel Erlacher vom Institut für Sport und Sportwissenschaft in Heidelberg sehen das anders. Seit knapp drei Jahren bemühen sie sich um eine verstärkte Zusammenarbeit. Im Herbst fand jetzt zum dritten Mal eine interdisziplinäre Exkursion für Studierende beider Universitäten in die Bayrischen Alpen statt.

Die Anfänge dieser fachlichen Kooperation sind schnell erzählt: die beiden Dozenten lernten sich während eines Austauschjahres in Oregon an der Westküste der USA kennen und freundeten sich an. Schnell entwickelte sich ein fachliches Interesse für die Arbeit des Anderen. So missfielen dem damaligen Sportstudenten Erlacher beispielsweise die im Studium verlangten praktischen Exkursionen in touristisch stark beanspruchte Regionen, in denen ein oft rücksichtsloser Bau der Sport- und Erholungsinfrastruktur auf Kosten der Natur und des Landschaftsbildes geht. Carsten Mann, damals Student der Forstwissenschaften, begann in Oregon, das Besuchermanagement der Nationalparks zu studieren und sich intensiver mit Konflikten in Erholungsgebieten sowie mit sozial und ökologisch verträglichen Nutzungskonzepten zu befassen. Die Überschneidung beider Fächer lag auf der Hand: Sport als Naturnutzung und der Forst als Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen.

Ortskundige Experten konnten als Referenten gewonnen werden

Die angebotenen Exkursionen sollen Theorie und Praxis der Erholungsnutzung und des Naturerlebens zusammenführen, als Schauplatz wurde der Nationalpark Berchtesgaden gewählt. Auch diesmal hatten die beiden Dozenten wieder ein vielfältiges Programm mit Themen aus der Schnittmenge Sport und Forst organisiert, Referenten vor Ort fungierten als ortskundige Experten.

Ein Revierleiter in Berchtesgaden demonstrierte beispielsweise die Verflechtung von Forst und Tourismus am Beispiel eines großen Schutzwaldprojektes, das vor allem einer Bundesstraße dient – eine der Hauptzufahrten in das Berchtesgadener Gebiet für Touristen und Wochenendbesucher. Eine Rangerin, aus dem Bereich der Umweltbildung des Nationalparks, sprach über die Idee, die sich hinter dem Schutzgedanken verbirgt: Die Natur sich selbst überlassen! Dass der Mensch nicht aus dem Nationalpark ausgeschlossen wird, dafür sorgt ein Nationalparkplan, der eine geschickte Besucherlenkung beinhaltet, um die Wünsche der Interessengruppen mit dem Naturschutz des Nationalparks zu verbinden.

Ein anderes Bild des Tourismus zeigt sich an den angrenzenden Gebieten zum Nationalpark, wie etwa in Schönau am Königsee oder auf dem Jenner. Diese Orte sind traditionell touristisch stark beansprucht und werden von Familien, Wanderern und Natursportfreunden gleichermaßen intensiv aufgesucht. Nutzerkonflikte sind in diesen Gebieten vorprogrammiert, erläuterte ein weiterer Ranger im Nationalpark, der ein leichtes Spiel hatte, das Spannungsfeld Fremdenverkehr, Erholung und Tourismus den Studierenden zu verdeutlichen.

Einen aktiven Perspektivenwechsel zum Erholungssuchenden bzw. Natursportler erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Wandern, einer Mountainbike-Tour und einem Vormittag im Hochseilgarten. Dabei stand natürlich nicht nur der Spaß im Vordergrund, sondern wurde der kritische Diskurs gesucht. So empfanden die Wenigsten die Mountainbike-Tour auf einer der ausgewiesen Radrouten durch den Nationalpark als besonders reizvoll, den eingefleischten Mountainbiker zog es weg vom geteerten Hauptweg, um sich „offroad“ den erhofften „Kick“ zu holen – der Sport-Natur-Konflikt war hier von neuem sichtbar. Begleitet wurden die Aktivitäten zudem durch Referate der Studierenden. Die Bandbreite reichte von der Flora und Fauna der Alpen über den „Nachhaltigkeitsgedanken“ bis hin zum „Flow-Erlebnis“ im Natursport, also dem beinahe ekstatischen Zustand, den der Mensch während einer sportlichen Betätigung erfahren kann.

Ziel: Verstärkte Sensibilisierung und Zusammenarbeit

Als Resümee konnte schließlich festgehalten werden, dass sportliche Bedürfnisse und damit einhergehende Belastungen der Umwelt differenziert betrachtet werden müssen, um Lösungen zu finden, die Sport und Natur- sowie Landschaftsschutz gleichermaßen befriedigen. Geschehen kann das nur durch eine verstärkte Sensibilisierung und Zusammenarbeit. Die von Carsten Mann und Daniel Erlacher angebotene Exkursion hat dazu einen wichtigen Beitrag geleistet: Sport und Forst – ein Dialog, der unbedingt fortgesetzt werden sollte.

Daniel Erlacher hat übrigens gerade für seine Dissertation, in der er sich mit der Möglichkeit beschäftigt, Bewegungen im nächtlichen Traum zu erlernen, den ersten Platz im Nachwuchswettbewerb der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft erhalten.

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