Siegel der Universität Heidelberg
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Das Portrait

Forschen für Afrika und Südamerika

Am Biochemie-Zentrum entwickelt Professor Dr. Luise Krauth-Siegel neue Medikamente gegen Tropenkrankheiten

Parasitologie und die Entwicklung neuer Medikamente gegen verschiedene Tropenkrankheiten, die besonders die armen Bevölkerungsteile in Afrika und Lateinamerika heimsuchen, sind die Forschungsgebiete von Luise Krauth-Siegel, die jetzt als Professorin an das Biochemie-Zentrum der Universität Heidelberg (BZH) berufen wurde. Schwerpunkte ihrer Arbeiten bilden die Schlafkrankheit in Afrika und die Chagas-Krankheit in Südamerika. Sie werden durch Tsetsefliegen beziehungsweise Raubwanzen übertragen, wobei die Erreger in den Blutkreislauf des Menschen gelangen. Ohne Behandlung endet die Schlafkrankheit tödlich.
Kampf gegen Fliegen und Wanzen: Luise Krauth-Siegel.
Kampf gegen Fliegen und Wanzen: Luise Krauth-Siegel.
Foto: Krug

„Würden Sie mich nach Medikamenten gegen Herzkrankheiten fragen, könnte ich Ihnen nur eine kleine Auswahl der über 1000 Präparate nennen. Gegen die Schlafkrankheit gibt es hingegen nur vier, gegen die Chagas-Krankheit sogar nur zwei Medikamente und die sind zum Teil über 70 Jahre alt und zeigen erhebliche Nebenwirkungen. An deren Herstellung oder der Entwicklung neuer Medikamente ist die Pharmaindustrie kaum interessiert“, kritisiert die Biochemikerin. Dabei hat die Chagas-Krankheit als chronisches und oft tödliches Herzleiden eine ebenso große Bedeutung wie die koronare Herzkrankheit.

Worin liegt die Bedeutsamkeit der Forschungen, die Luise Krauth-Siegel am BZH durchführt – die Untersuchung des Thiolstoffwechsels der Erreger dieser Tropenkrankheiten? Bestimmte Enzyme des für die Parasiten spezifischen Trypanothionstoffwechsels bilden die Zielmoleküle für die Entwicklung geeigneter Medikamente. Zu diesem Zweck erforscht sie neu synthetisierte Hemmstoffe des Schlüsselenzyms dieses Stoffwechsels und arbeitet hierfür mit Universitäten und Firmen weltweit zusammen, die zum Teil Vorarbeiten leisten, zum Teil die in Heidelberg entwickelten Stoffe in vivo testen. Besonders das Analytische in der Biochemie begeistert die Professorin, „das richtige Tüfteln.“ Dem kann sie durch die Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Sonderforschungsbereich 544 („Kontrolle tropischer Infektionskrankheiten“) verstärkt nachgehen, wo sie ebenfalls die Erforschung neuer Wirkstoffe gegen Tropenkrankheiten verfolgt.

Nicht erst seit ihrer Berufung auf die Professur für Biochemie weiß Luise Krauth-Siegel Heidelberg zu schätzen. Schon nach ihrer Schulzeit in Mannheim zog es die gebürtige Offenbacherin zum Chemie-Studium an die Ruperto Carola. Ihr Interesse für Biochemie entdeckte sie während des Studiums durch eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft im Bereich Bakteriologie. Später fertigte sie ihre Doktorarbeit am Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg bei Professor Staab an und arbeitete anschließend als Assistentin am Institut für Biochemie II. Ihre Multi-Task-Fähigkeiten bewies die Mutter eines Sohnes schon zu diesem Zeitpunkt. Denn Kind und Karriere in Deutschland bezeichnet Krauth-Siegel als eine Herausforderung, die ohne Organisationstalent und Hilfe der gesamten Familie für Frauen hier nicht zu bewältigen sei – im Gegensatz zu anderen Ländern.

Nach Forschungsaufenthalten in Ann Arbor, Michigan, USA, kehrte Krauth-Siegel wieder nach Heidelberg zurück, besonders wegen der Voraussetzungen, die 1997 mit der Gründung des Biochemie-Zentrums geschaffen wurden. „Die Arbeitsbedingungen hier am Biochemie-Zentrum sind nicht anders als optimal zu bezeichnen. Es gibt kaum eine andere Universität in Deutschland, die Vergleichbares zu bieten hat“, lobt die Wissenschaftlerin. Dies war wohl auch ein Grund, warum sie vor zwei Jahren einen Ruf an die Universität Marburg ablehnte. Ein bedeutender Punkt, betont sie, sei der Austausch mit Kollegen, weshalb es weniger wichtig sei, dass an einer Universität jeder Fachbereich vertreten ist. Stattdessen sollten Kompetenzzentren geschaffen werden, an denen Forschung auf höchstem Niveau möglich ist. Diese Basis für ihre Arbeiten ist am BZH in besonderem Maße gegeben, denn dort sind biochemische Forschung und Lehre der Fakultäten für Biowissenschaften, Chemie und Medizin vereint.

Vereint zwar, aber noch nicht unter einem Dach. Denn die Räume des Biochemie-Zentrums im Neuenheimer Feld werden gerade umgebaut und einige Forschungsgruppen sind für mehrere Jahre in andere Gebäude ausgelagert. Auch bei der Totalsanierung des Biochemie-Zentrums hat die rührige Professorin ihre Hände im Spiel – sie ist die Baubeauftragte, die sich darum kümmern muss, dass Forschung und Lehre in den geeigneten Räumlichkeiten stattfinden werden können – eine sehr zeitaufwändige und verantwortungsvolle Aufgabe.

Genauso wichtig wie die Forschung auf ihren Spezialgebieten ist Krauth-Siegel die Vermittlung des Faches Biochemie an die Studierenden naturwissenschaftlicher und medizinischer Fachrichtungen, „um über den Tellerrand der eigenen eng begrenzten Forschungen hinaus zu wirken.“ Und gerade an der Universität Heidelberg kann sie diese Aspekte voll verwirklichen.

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