Siegel der Universität Heidelberg
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Schon 111, doch kein bisschen leise

Ausgelassene Stimmung: Debating Club Heidelberg begeht Schnapszahljubiläum – Show-Debatte zum Thema Eliteuniversität

20 Uhr. Eine Zeit, zu der die Universität gewöhnlich ihre Pforten schließt und der Student seinen wohlverdienten Feierabend genießen kann. Heute ist es anders. Wer in Hörsaal 14 einen Platz ergatterte, kann sich glücklich schätzen. Alle Blicke richten sich auf den jungen Studenten am Rednerpult: Daniel Sommer streitet mit seinen adrett gekleideten Kollegen vom „Debating Club Heidelberg e.V.“ für die Elite-Universität. Mit seinem leidenschaftlichen Plädoyer will er nicht nur das Publikum, sondern auch seine zahlreichen Gegenredner überzeugen. Dafür hat er sieben Minuten Zeit – nicht viel für ein solch schwieriges Thema.
Rouven Soudry und Christian Gollner vom Debating Club Heidelberg e.V. bei dessen 111. Debatte

Haben gut reden: Rouven Soudry und Christian Gollner vom Debating Club Heidelberg e.V. bei dessen 111. Debatte. Foto : Alex


Die Heidelberger Hobby-Rhetoriker feiern an diesem Tag ihre 111. Debatte, und da soll es mehr um den Spaß als ums Gewinnen gehen. Der Gegner ist eine Herausforderung: Die Kollegen von Streitkultur Tübingen sind amtierende Landesmeister im Hochschuldebattieren. Student Sommer lässt sich aber auch durch kritische Zwischenfragen nicht beirren. Wenn er diese auch noch mit einem lässigen „Nein danke“ wegwischt, hat er das Publikum auf seiner Seite. Das gleiche gilt für seine rhetorischen Ausflüge zum Sport. „Mit der Bildung ist es so wie mit dem Fußball – wir waren da mal Weltmeister, jetzt sind wir nicht mehr so gut.“ Nach sieben Minuten klopft der Präsident mit dem Hammer und gibt der Gegenseite das Wort. Die vertritt ganz andere Ansichten: Michael Hoppmann zum Beispiel will, statt blind „Elite zu brüllen“, Hochschulen lieber gezielter fördern. Die geplanten Gelder vom Staat tituliert er keck als „Feigenblatt-Milliarde“, die keine deutsche Universität zum zweiten Harvard machen könne.

Im Saal herrscht ausgelassene Stimmung: Es wird viel gelacht und es gibt lautstarke Zwischenrufe aus dem Publikum – nicht zuletzt als Reaktion auf so manche Stichelei zwischen den Teams aus Heidelberg und Tübingen. „Um die Stoffqualität geht es doch, meine Damen und Herren, das könnten sie künftig auch bei der Wahl ihres Anzuges berücksichtigen, Herr Stölzgen!“, ulkt der Heidelberger Jan Lemnitzer in Richtung Opposition. Der lacht brav mit und kontert bei nächster Gelegenheit mit einem entsprechenden Kommentar.

Hier bleibt alles gut gemeint, schließlich ist beim Debattieren auch Fairplay gefragt. Die Studenten wollen durch das Debattieren vor allem lebendige Streitkultur erlernen. Deshalb ist bei einem großen Schlagabtausch wie heute immer eine Kamera dabei. So können später die Auftritte noch einmal gemeinsam analysiert werden. „Durch das Debattieren wollen wir uns in guter Rhetorik üben und gleichzeitig Schlüsselkompetenzen erwerben, die von der Uni nicht vermittelt werden können“, sagt Redner Christian Gollner. Die 111 Hochschuldebatten seit Vereinsgründung vor zwei Jahren bestritten die Sprechkünstler teils auch im Ausland. Und das nicht ohne Erfolg: Nachdem Daniel Sommer und Rouven Soudry zu den besten Hochschuldebattierern Baden-Württembergs gewählt worden waren, holten sich Jan Lemnitzer und Christian Gollner vergangenen Sommer gar den deutschen Meistertitel. Ganz besonders freut sich der Verein auch darüber, dass er im November einen Sponsoringvertrag mit dem Time Magazine abschließen konnte.

Zum Abschluss der Show-Debatte analysierte Rektor Hommelhoff als Vertreter der Ehrenjury humorvoll die einzelnen Redner. „Satiriker“ Hoppmann hätte eine „flapsige Nummer mit dürftigen Argumenten“ abgeliefert; Daniel Sommer, den er für den besten Redner des Abends hielt, sei der geborene Regierungsvertreter, da er „den anderen das Wort im Munde herumdreht“. Die professoral besetzte Ehrenjury kürte schließlich die Tübinger Rednertruppe zum Sieger – trotz der Vorliebe des Rektors für die Elite-Universität.
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