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Internationale Perspektiven

Madeleine Herren-Oesch schlägt auch die Brücke zu den „life sciences“

Grenzüberschreitungen – das trifft für die wissenschaftliche Arbeit der Historikerin Prof. Dr. Madeleine Herren-Oesch gleich in mehrfacher Hinsicht zu. Mit Beginn des Wintersemesters hat sie die Nachfolge von Prof. Dr. Volker Sellin angetreten, der zwischen 1987 und 1991 auch Rektor dieser Universität war.

 

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Foto : privat

Es ist vor allem die internationale Geschichte, mit der sich Madeleine Herren in der Fachwelt einen Namen gemacht hat. Da denkt man – gerade im Hinblick auf das 19. und 20. Jahrhundert – zunächst einmal an die Politik der Großmächte und ihre Protagonisten. Doch Madeleine Herren versteht darunter viel mehr: „Ich bin nicht limitiert auf Diplomatie, noch auf staatliche Außenpolitik, obwohl ich diesen Bereich durchaus nicht ausschließe“, erläutert die neue Heidelberger Geschichtsprofessorin. Vielmehr interessiert sie sich für Prozesse, die man als Folgeerscheinungen von Modernisierung und Globalisierung betrachten kann – etwa im Bereich der Kommunikationstechnologie, die im 19. Jahrhundert durch den Weltpostverein oder die Telegrafenunion einen großen Aufschwung erlebte; auch die Gründung internationaler Vereine wie Organisationen oder Weltausstellungen könnte man in diesem Zusammenhang erwähnen. All diese Aspekte von Internationalität zusammengenommen, gelangt man schließlich zu einer „transnational angelegten Gesellschaftsgeschichte, die sich mit der Entwicklung einer grenzübergreifend konzipierten Zivilgesellschaft auseinandersetzt“, erklärt Madeleine Herren. Dabei stellt sich auch die Frage, ob es so etwas wie ein globales Subjekt gibt.

Studiert hat die Schweizerin, Jahrgang 1956, in Bern, wo sie 1989 auch promoviert wurde. Ihrer Zeit als Oberassistentin am dortigen Historischen Institut schlossen sich Forschungsaufenthalte in Brüssel und in den Vereinigten Staaten von Amerika an. Die 1997 vorgelegte Habilitation „Hintertüren zur Macht. Internationalismus und modernisierungsorientierte Außenpolitik in Belgien, der Schweiz und den USA 1865-1914“ beschäftigt sich mit bislang in der Geschichtswissenschaft unbeachtet gebliebenen Strukturmerkmalen internationaler Beziehungen – der Titel bezieht sich unter anderem auf Initiativen der Schweiz und Belgien, die sich um den Sitz von internationalen Organisationen stritten, um dadurch einen besseren Einfluss auf die Politik der Großmächte zu erlangen. Nach ihrer Habilitation wirkte Madeleine Herren schließlich bis zu ihrer jetzigen Berufung als Professorin an der Universität Zürich, verbunden mit Lehraufträgen an den Universitäten Basel, Bern und Luzern.

Internationale Beziehungen, Globalisierung, Kommunikationstechnologie – wenn man Madeleine Herren so zuhört, fällt auf, wie aktuell ihre Themen klingen; das trifft auch auf ihr Projekt zur Frage des grenzübergreifenden Wissenstransfers zu, das sich anhand von Enzyklopädien mit der Frage beschäftigt, wie Gesellschaften Allgemeinwissen generieren und definieren. Ist dieser Aktualitätsbezug beabsichtigt? „Durchaus“, bestätigt Herren, „letztlich wählen sich Historiker und Historikerinnen ihre Themen auch aus einem aktuellen Bezug heraus. Und auf der anderen Seite braucht eine Gesellschaft historische Perspektiven und fordert diese auch ein.“ Zum Beispiel auch bei einem Thema wie BSE oder der asiatischen Vogelgrippe, könnte man ergänzen. Denn ein weiteres wissenschaftliches Vorhaben von Madeleine Herren widmet sich den Zoonosen – den zwischen Mensch und Tier übertragbaren Krankheiten – in ihrer wissenschaftshistorischen und sozialgeschichtlichen Bedeutung. Bereits in Zürich hat sie zu diesem Thema mit einem Veterinärmediziner zusammengearbeitet. Und damit nicht nur eine inter-, sondern eine transdisziplinäre Kooperation auf den Weg gebracht – wahrlich grenzüberschreitend.

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 28.12.2004
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