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Stickoxide im Laserlicht: auf dem Weg zu schadstoffarmer Verbrennung

Dass Autoabgase gesundheitliche Probleme verursachen können, ist spätestens seit den Smog-Vorfällen in Los Angeles in den 1950er und 1960er Jahren bekannt. Die besondere geographische Lage der Stadt in einem Talkessel ist dafür verantwortlich, dass sich Stickoxide (NO, NO2) ansammeln. In Verbindung mit dem intensiven Sonnenlicht Südkaliforniens entsteht dann hochgiftiges Ozon ("Sommersmog") – ein Problem, das auch in Deutschland mittlerweile hinreichend bekannt ist. Die kalifornische Gesetzgebung reagierte in den 1960er Jahren und führte als erste Region Emissionsgrenzwerte ein. Mit 20-jähriger Verspätung wurde der Abgaskatalysator in den 80er Jahren auch in Deutschland zur Pflicht. Seither wurden die vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte stetig gesenkt. Jedem Autokäufer wohlbekannt ist die "Euro-Norm", die maximal erlaubte Stickoxid- und Partikelemission vorschreibt.

Wie können diese strengen Emissionsvorschriften technisch erreicht werden? Dies ist tatsächlich keine leichte Aufgabe und erfordert von der Automobilindustrie beachtliche Anstrengungen. Dabei wird auf zwei verschiedenen Ebenen vorgegangen. Erstens ist man bemüht, den eigentlichen Verbrennungsvorgang im Motor derart zu gestalten, dass möglichst wenig Schadstoffe überhaupt entstehen (so genannte innermotorische Maßnahmen). Zweitens werden die dennoch gebildeten Schadstoffe hinterher aus dem Abgas entfernt (so genannte nachmotorische Maßnahmen). Zu letztgenannter Methode gehört der Autoabgaskatalysator, zum Beispiel der Drei-Wege-Katalysator, der bei konventionellen Benzinmotoren sehr effektiv ist. Obwohl notwendig, sind nachmotorische Maßnahmen eine "Notlösung", da sie die eigentliche Schadstoffbildung nicht beseitigen, zusätzliche Kosten verursachen und außerdem den Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs leicht erhöhen. Auch stoßen sie zunehmend an ihre Grenzen bei der Erfüllung der immer strenger werdenden Abgasnormen. Dies ist insbesondere bei Dieselmotoren und bei neuartigen, direkteinspritzenden Benzinmotoren der Fall, da hier der konventionelle Drei-Wege-Katalysator nicht funktioniert.

Innermotorische Maßnahmen zur Schadstoffminderung werden daher zunehmend wichtig. Dies betrifft vor allem die Konstruktion (Design des Zylinderinnenraums und der Benzin/Dieseleinspritzung) und die Motorsteuerung (Zeitpunkt von Einspritzung und Zündung, Abgasrückführung). Um diese Maßnahmen gezielt durchzuführen, ist es unerlässlich, genaue Informationen darüber zu gewinnen, wie viel Schadstoff an welcher Stelle entsteht. Wie aber erhält man diese Informationen in einem so komplizierten System wie einem Verbrennungsmotor? Es herrschen hohe Temperaturen (bis zu 2500 °C), hohe Drücke (bis zu 100 bar), die Abläufe sind extrem schnell (3000 Umdrehungen pro Minute entsprechen – bei einem Viertaktmotor – 1500 Verbrennungszyklen pro Minute, 25 pro Sekunde), und das alles ist eingeschlossen in zentimeterdickem Stahl.

Wir verwenden hierfür optische Methoden, das heißt wir messen mit Licht. Dazu werden in den Motorblock kleine Fenster eingebracht, durch die wir den Verbrennungsvorgang im Motorraum direkt beobachten können. Mithilfe von Laserlicht können wir berührungslos die Stickoxid-Bildung in der Flamme nachweisen. Die von uns eingesetzte Methode der "Laserinduzierten Fluoreszenz" (LIF) funktioniert folgendermaßen. Das Licht eines speziellen UV-Lasers wird durch eines der Fenster in den Motorraum gelenkt. Dort wird es teilweise von Stickoxid-Molekülen (NO), teilweise von anderen Molekülen absorbiert, die dadurch zur Fluoreszenz angeregt werden: Sie beginnen, selbst Licht abzustrahlen. Dieses abgestrahlte Licht kann durch ein weiteres Fenster detektiert werden. Durch geeignete Wahl der Lichtwellenlängen des Lasers und der Detektion ist es möglich, unter den vielen Stoffen einer Flamme ganz spezifisch Stickoxid nachzuweisen. Die Stärke des gemessenen Fluoreszenzlichtes ist dann ein Maß für die Schadstoffkonzentration. Wird der Laserstrahl zu einem Blatt aufgefächert, und wird die Fluoreszenz mit einer digitalen Kamera aufgenommen, erhält man eine räumliche Konzentrationsverteilung. Um die schnellen Vorgänge zeitlich aufzulösen, werden außerdem sehr kurze Laserpulse verwendet (typische Pulsdauer: 20 Nanosekunden, also 20 Milliardstel Sekunden), gegen die selbst der schnellste Motor millionenfach langsamer ist.

Um solche Lasertechniken zu entwickeln und zu erproben, ist eine detaillierte Forschungsarbeit auch im Grundlagenbereich erforderlich. Es gibt vielfältige Einflüsse auf das Fluoreszenzsignal: Temperatur, Druck, Zusammensetzung der Flamme, Wellenlänge und Pulsdauer des Lasers, Wellenlänge der Fluoreszenz – alle diese Faktoren müssen bekannt sein, um die Messmethode zuverlässig im Motor anwenden zu können. Im Labor werden daher ausführliche Messreihen mithilfe von stabilen und bereits in früheren Arbeiten erprobten Testbrennern durchgeführt. Diese Untersuchungen führen auch in die Theorie der Molekülphysik: Die Quantenzustände des Stickoxidmoleküls und ihre Wechselwirkung mit Licht beeinflussen beispielsweise Temperaturabhängigkeit und Wellenlänge der Messtechnik.

Neben der Entwicklung der messtechnischen Grundlagen ist deren Anwendung natürlich ein besonderes Anliegen. Diese wurde in Zusammenarbeit mit großen deutschen Automobilherstellern wie BMW und Volkswagen erfolgreich gezeigt. Innerhalb einer mehrwöchigen Messkampagne in Wolfsburg im Frühjahr 2003 wurde die Stickoxidbildung in einem direkteinspritzenden Benzinmotor untersucht.

Diese Art von Motoren werden bei Volkswagen bereits unter dem Kürzel "FSI" (Benzindirekteinspritzung zur Schichtladung) eingesetzt. Die zukünftigen Generationen dieses Motors, die strengere Abgasnormen erfüllen müssen, werden also bereits heute mit Hilfe von laseroptischen Methoden entwickelt.

Autor:
Dr. Wolfgang G. Bessler
Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen (IWR)
Im Neuenheimer Feld 368, 69120 Heidelberg
Telefon (0 62 21) 54 82 52
E-mail: wolfgang.bessler@iwr.uni-heidelberg.de

Die Dissertation von Wolfgang Bessler ist im Dezember 2004 mit dem Umweltpreis der "Sigrid und Viktor Dulger Stiftung" ausgezeichnet worden.

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