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Industrieregion der Bronzezeit: die Alpen

Wo sich heute Skiläufer und Sommerfrischler der beeindruckenden Naturkulisse erfreuen, arbeiteten die Menschen vor rund 7000 Jahren in tiefen Stollen im Bergbau, bauten Erze ab, mauerten Röstbetten und Schmelzöfen und kunstfertigten vielfältige Produkte, die Händler bis nach Südschweden und Osteuropa brachten. Hubert Presslinger und Clemens Eibner vom Institut für Ur- und Frühgeschichte beschreiben, wie der urzeitliche Bergbau in den Ostalpen vonstatten ging und auf welche Weise unsere Vorfahren die Erze in den lange verlassenen, bronzezeitlichen Kupferhütten aufbereitet haben.

Alpenlandschaft

Wer heute die Alpen besucht, macht dies meist wegen ihrer Schönheit und der reizvollen Natur. Der Tourismus hat sich dieser Landschaft bemächtigt, vielerorts ist er zur wichtigsten wirtschaftlichen Komponente geworden, die nicht mehr wegzudenken ist. Doch das war nicht immer so.

Ab dem ausgehenden 5. Jahrtausend v. Chr. waren die Ostalpen für Zentraleuropa eine wichtige Industrieregion: Solange das Eisen den Werkstoff Kupfer und seine Legierungen nicht überflügelt hatte, war man auf die Kupfererzlagerstätten in den Alpen und auf die Spezialisten des Berg- und Hüttenwesens angewiesen, die dieses recycelbare Material nicht nur meisterhaft herstellten, sondern bereits nachhaltig Forstwirtschaft betrieben und technische Rationalisierungsmaßnahmen einsetzten.





Grabungsskizze

Mit Beginn der Bronzezeit (um 2000 v. Chr.) stieg die Nachfrage an Kupfer- und Bronzeprodukten in Mitteleuropa enorm an. Das können wir beispielsweise an den Ausstattungen der Gräber erkennen. Die Massenanfertigung durch den Guss war ein Vorteil der Kupfer- und Bronzeerzeugung. Als Folge davon führten die neuen Metallwerkstoffe zu einem deutlichen Aufschwung in der Landwirtschaft, im Handwerk und Handel, in der Entwicklung des Siedlungs- und Kriegswesens und im Gefolge davon auch zu einer stärkeren Gliederung der Gesellschaft.

Um Kupfer und Bronze zu erzeugen, waren einerseits die Rohstoffe notwendig – Kupfererz, Holzkohle, Schlackenbildner –, andererseits die technischen Anlagen sowie das metallurgische Wissen und Können. All dies besaß die Urbevölkerung der Alpen.

Das Heidelberger Institut für Ur- und Frühgeschichte erforscht seit mehr als 20 Jahren die berg- und hüttenmännischen Fundplätze in den Ostalpen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen haben das Wissen um den Bergbau, die Aufbereitung der Erze sowie die Bauweise und Funktion der bronzezeitlichen Kupferhütten entschieden bereichert.

Mindestens im 6. Jahrtausend vor Chr. setzte die bergmännische Suche nach Feuerstein in den Ostalpen ein. Dadurch kam es auch auf zahlreichen Buntmetall- Lagerstätten in paläozoischen Schichten zum Abbau von Erz, da Gediegenmetalle bereits mit dem Einsetzen des Neolithisierungsprozesses – der nacheiszeitlichen Sesshaftwerdung des Menschen mit Ackerbau und Viehzucht – bekannt waren.

Drei Lagerstättentypen mit unterschiedlicher Metallogenese wurden in der Urzeit abgebaut: kleinsträumige Verdrängungslagerstätten im Kalk, synsedimentäre Vererzungen, oftmals vom Fahlerztyp, und Spaltenfüllungen, also Ganglagerstätten mit Kupferkies, die erst im Zuge der Alpenauffaltung entstanden sind.

Wissenschaftler des Heidelberger Instituts für Ur- und Frügeschichte bei den Ausgrabungsarbeiten.
Wissenschaftler des Heidelberger Instituts für Ur- und Frügeschichte bei den Ausgrabungsarbeiten.
Wissenschaftler des Heidelberger Instituts für Ur- und Frügeschichte bei den Ausgrabungsarbeiten.

Emsige "Vergangenheitsbewältigung": Wissenschaftler des Heidelberger Instituts für Ur- und Frügeschichte bei den Ausgrabungsarbeiten.

Im Jahr 1851 wurde erstmals erkannt, dass in der Gang-Lagerstätte Mitterberg in Mühlbach am Hochkönig im Land Salzburg bereits in der Urzeit Kupfererze abgebaut wurden. Damals begann in Zentraleuropa die Erforschung bronzezeitlicher Bergbauspuren im Untertagebereich. Da die Bergwerke sich mit Wasser gefüllt hatten, sind uns 3700 Jahre alte Grubenhölzer erhalten geblieben. Derzeit wird im Arthurstollen bei St. Johann im Pongau die Bergmannstechnik der ausgehenden Frühbronzezeit (ca. 1700 v. Chr.) studiert. Erstaunliche neue Erkenntnisse belegen, dass man schon in dieser frühen, in Mitteleuropa schriftlosen Epoche untertage von zwei Seiten aus Strecken aufgefahren und zum Durchschlag gebracht hat. Dies bedeutet, dass man geometrische Grundkenntnisse umsetzen konnte.

Die Gesteinsarbeit mit den bronzenen Tüllenpickeln erinnert dabei stark an hochmittelalterliche Verhältnisse. Nur hat man die Querschnitte dieser Untersuchungsschürfe kleiner gehalten. Da vor dem 20. Jahrhundert kein jüngerer Bergbau diesen 200 Meter senkrecht und 400 Meter waagerecht von der Tagesoberfläche entfernt liegenden bronzezeitlichen Bergbau gestört hat, können wir sicher sein, nicht irgendeinem Trugschluss zum Opfer zu fallen. Hinzu kommen noch die bronzezeitlichen Funde aus der Verfüllung.

Besonders gut studiert ist der Mitterberger Hauptgang. Aus ihm wurde in rund 500 Jahren während der Bronzezeit ein Erzkörper mit einem Inhalt von mehr als 10 000 Tonnen Kupfer bergmännisch gewonnen. Für diese etwa ein Meter dicke Erzplatte, die steil im Schiefer eingelagert ist, entwickelte man ein raffiniertes Abbausystem.

So bemühte man sich, in nach unten führenden Strecken den Vortrieb an der Sohle dadurch zu koordinieren, dass man gleichzeitig in der Firste eine Abbaustrecke mitführte. Das taube Lockermaterial, das aus dem Gesteinsverband gelöst worden war, diente als Versatz. Durchschnittlich alle 27 Höhenmeter wurde eine neue Grube nach dem gleichen Prinzip angelegt. Sowohl der Abbau als auch die Wasserhaltung und die Wetterführung mit Frischluft für das "Feuersetzen" waren dadurch optimiert aufeinander abgestimmt. Außer mit bronzenen Tüllenpickeln wurde das Gestein mit schweren steinernen Rillenschlägeln bearbeitet. Zumeist war es aber einfacher, den Erzkörper mürbe zu machen, indem man Holzstöße anzündete. Dieses Feuersetzen war bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts ein einfaches und beliebtes Verfahren, ohne brisante Sprengmittel massiges Gestein im Gefüge zu lockern.





Ein mittelbronzezeitlicher Keramikfund vom Verhüttungsplatz

Ein mittelbronzezeitlicher Keramikfund vom Verhüttungsplatz "Schlosser".

Im Gangerz befinden sich Quarz und Eisenspäte, kupferfreier Schwefelkies sowie der begehrte Kupferkies, der auf 100 Kilogramm gerechnet in derbem Zustand höchstens 27 Kilogramm Kupfer erbringen kann. Daneben gibt es in den Ostalpen noch die polymetallischen Fahlerze, in denen außer Arsen und Antimon, Wismut, Kobalt und Nickel auch Spuren von Gold und Silber vorkommen.

Skizze einer typischen Bauausführung der Röstbetten und Schachtöfen.

Skizze einer typischen Bauausführung der Röstbetten und Schachtöfen.

Rechnet man entlang der oberen Abbaustrecke mit mehreren Abbaufeuern, muss man pro Brand ungefähr ein Kubikmeter Holz verbrennen. Dazu kommt noch das Grubenholz für Arbeitsbühnen und die Verzimmerung. Am Mitterberger Hauptgang lässt sich dadurch eine durchschnittliche jährliche Kupferproduktion von 20 Tonnen zwischen 1700 und 1200 vor Christus errechnen. Schon aus dieser Produktionszahl ergibt sich der Schluss auf eine nachhaltige Holzwirtschaft. Sie ist durch die Standorte der Hüttenplätze auch indirekt erschließbar, da der lagerstättennahe Waldbestand für den Bergbau benötigt wurde.

Leider liegt das Erz oft fein verteilt vor. Das macht es notwendig, den Kupfergehalt auf etwa zehn Prozent des Gewichts anzureichern. Entlang des Abbaues wurden dazu eigene Aufbereitungen installiert. In ihnen wurde das Erz zunächst von Hand bis auf Haselnussgröße, vielleicht sogar bis auf Stecknadelkopfgröße zerkleinert. Die Trennung der Kupfererze vom tauben Gestein erfolgte ebenfalls von Hand in Wasserrinnen und mit Hilfe von Sieben. Zur Anreicherung des feinsten Erzmehls wurden Tröge aus Holz, ähnlich den Goldwaschpfannen, benutzt. Das so gewonnene Erzmehl wurde mit Kuhmist vermischt, zu etwa zwei Zentimeter großen Kugeln geformt und geröstet. In dieser zusammengebackenen Form war es in den Hütten neben dem Stückerz einsatzfähig.

Ein weiterer Schwerpunkt der bergbauarchäologischen Grabungen ist es, metallurgische Anlagen freizulegen. Dafür wurde vor über 25 Jahren der Verhüttungsplatz "Versunkene Kirche" in der Gemeinde Trieben ausgewählt. Er war vor 3300 Jahren in Betrieb. Aus diesem und zahlreichen weiteren Grabungsergebnissen können wir auf eine normierte Bauausführung der Röstbetten und Schachtöfen schließen. Alle bislang in den Ostalpen ausgegrabenen Befunde von Tirol bis nach Niederösterreich lassen die grundsätzliche Bauweise – ein langgestrecktes Röstbett auf einer oberen Etage – erkennen. In die darunter liegende Böschung wurden zumeist mehrere, manchmal als Zwillingsöfen konzipierte Schachtöfen in den Hang eingebaut.

Wie am Beispiel "Versunkene Kirche" zu erkennen ist, wurde das Röstbett gesetzt, nachdem die einzelnen Arbeitspodien planiert worden waren. Nach den archäologischen Grabungsergebnissen lässt sich ein mehrschichtiger Aufbau des Röstbettes erkennen: Die Sohle besteht aus gestampften Lehm, ihm folgt ein mit Schlackensand gemagerter Lehmhorizont, darüber liegt eine weitere gestampfte Lehmschicht. In der obersten Schicht liegen durch Feuereinwirkung rot gefärbte Schlacken. Nach neueren Erkenntnissen lässt sich die Anwesenheit der Laufschlackenstücke in den Röstbetten so erklären, dass sie geröstet als Sekundärrohstoff zur Schlackenbildung in den Schachtofen chargiert wurden. Rund 20 Kilogramm schwere, teilweise behauene Gesteinsblöcke aus Gneisen wurden herangeschafft, um das Röstbett einzufassen. Der für die Kupfererzverhüttung ausgewählte Platz wurde von den urzeitlichen Metallurgen längerfristig, zirka ein Jahrzehnt lang, genutzt. Über dieses Zeitraum wurden die metallurgischen Aggregate, das Röstbett und die Schachtöfen häufig umgebaut.

Die für den Bau der Schachtöfen benötigten Steine wurden gezielt nach den Kriterien der Feuerfestigkeit und Spaltbarkeit ausgewählt. Für die Erzeugung des Ofensteins wurde bevorzugt Grünschiefer abgebaut, ein schiefriges Gestein von hellgrüner Farbe mit dunkelgrünen Flecken. Die Ofensteine wurden am Steinbruch behauen und als Fertigprodukte zur Hütte geliefert.

Auf den planierten Lehmboden wurden zunächst circa 50 Kilogramm schwere Basissteine in U-Form waagerecht in die Auskofferung der Böschung gesetzt. Dann wurden mit tongebundenem Mörtel und in Schalenbauweise die ein bis zwei Kilogramm schweren feuerfesten Ofensteine aufgemauert. Für die Hinterfüllung benutzten die bronzezeitlichen Ofenbauer bevorzugt Laufschlacken, alte Ofensteine sowie umgelagerten Lehm, in den Keramikscherben eingelagert waren.

Ein Schwerpunkt der bautechnischen Charakterisierung war, die Eigenschaften der Baustoffe zu bestimmen, besonders die der Bindemittel. Die Rohstoffe für den Bau der metallurgischen Anlagen stammen vermutlich aus dem näheren Umkreis der Verhüttungsanlage. Die Schwemmkegel bieten neben Sand und Kies fein- bis feinstkörniges Material, das sich gut eignet, um Mörtel herzustellen. Ebenso stammt der Ton aus tonigen Lagen im Grauwackenschiefer, welche in der Umgebung der Verhüttungsplätze an die Erdoberfläche treten. Als Bindemittel des Lehmmörtels wurde auch gebrannter Kalk genutzt. Manche Hüttenstandorte befinden sich in dem der Grauwacke direkt benachbarten Kalkgebiet.´

Der Einsatz ausgesuchter, behauener und relativ feuerfester Steine mit einem eigens dafür zubereiteten Mörtel bezeugen das umfangreiche Wissen über die notwendigen feuerfesten Produkte und über den Bau hüttentechnischer Anlagen in der Spätbronzezeit.

Auch für die Herstellung von Industriekeramik war das technische "Know-how" bereits in der Spätbronzezeit vorhanden. Dazu mussten Winddüsen hergestellt werden, deren Aufgabe es war, gezielt kalte Luft für die chemische Reaktion mit Kohlenstoff (Holzkohle) in den Schmelzofen einzubringen. Dabei wurde die Winddüse am inneren Düsenmund von der Luft gekühlt; außen dagegen von der flüssigen, aggressiven Schlacke auf etwa 1400 Grad Celsius erwärmt.

Für diesen technologischen Einsatz musste der Rohstoff für die Winddüsen qualitativ hochwertig sein. Die Hüttenleute verwendeten dazu Lehm von ausgesuchter Qualität sowie geringe Mengen an Magerungsmitteln, also Quarz, Feldspat, Glimmer oder Keramikbruch mit einer Korngröße über einem Millimeter. Man erreichte damit eine relativ homogene, feinkörnige Keramikstruktur, die der Temperatur von 1400 Grad Celsius, vor allem aber dem chemischen Angriff der Ofenschlacke, sehr gut widerstand.

Die Verhüttung der Kupfererze erfolgte in der Spätbronzezeit in Schmelzhütten, die in den Ostalpen nach einheitlichen Bauplänen errichtet worden waren. Dies lässt darauf schließen, dass die Kupfererzeugung auch überregional nach identischen Bauplänen bewerkstelligt wurde. In den schneereichen Gebirgslagen mit häufigen Niederschlägen ist es fast selbstverständlich, dass diese Kupferhütten überdacht waren. Block- oder fachwerkartig errichtete, luftdurchlässige Gebäude mit einem Dach aus Legschindeln umgaben das Röstbett, in dem das Erz und die Zuschläge getrocknet und poröser gemacht wurden. Davor befanden sich die Öfen, in denen mit Hilfe von Holzkohle und in einem mehrstufigen Prozess das Schwarzkupfer produziert wurde.

Zunächst erhielt man aus dem Erz ein Zwischenprodukt, den bei hohen Temperaturen dünnflüssigen Kupferstein. Tagtäglich wurde im Ofen zuerst dieser Kupferstein durch Aufblasen von Luft verflüssigt; nach dem Verlust des verbliebenen Schwefels bildete man daraus Schwarzkupfer. In diesem schmelzflüssigen Bad wurde das Erz mit Holzkohle niedergeschmolzen. Ein Teil des Schwarzkupfers reicherte erneut aus dem Erz Kupferstein an, während das Eisen in die dünnflüssige, leichtere Schlacke gebunden wurde.

Von der Schlacke wurden die inhomogenen und nicht gut geflossenen Stücke auf eine Halde unterhalb der Hütte geworfen oder in das nächste Bachbett entsorgt. Die beste Qualität war begehrtes Flussmittel, das solcherart noch einmal eingesetzt wurde. Es diente neben Quarzsand auch dazu, an anderen Standorten Kupfergusskuchen aus Schwarzkupfer zu erzeugen.

Die Beschaffung der Kupfererze erforderte Bergknappen, die den Bergbau schon damals bis in eine Tiefe von 200 Metern betrieben. Kupfererze, meist Sulfide, wurden aufbereitet, das heißt von den Gangmaterialien getrennt und auf diese Weise in ihrem Gehalt angereichert. Von der Aufbereitungsanlage wurden die Kupfererze zur Schmelzhütte transportiert, dort geröstet und danach zusammen mit Holzkohle und Zuschlägen in einen Schmelzofen eingesetzt. In diesem Ofen wurde ein Rohkupferkuchen von 0,5 bis fünf Kilogramm Gewicht erzeugt.

Das Rohkupfer wurde anschließend aufgeschmolzen, raffiniert und legiert. Danach wurde es in Gussformen gegossen. Die Produkte wurden danach in den Werkstätten fein bearbeitet und von Händlern im Voralpengebiet in Umlauf gebracht. Verbreitungsmuster von Fertigprodukten legen nahe, dass Kupfer aus den Alpen bis nach Südschweden, mindestens aber ins Pariser Becken und wohl auch nach Südosteuropa geliefert wurde.

Die an der Metallproduktion Beteiligten – vom Berg- und Hüttenmann über den Händler bis zum Gießer und Schmied – benötigten eine funktionsfähige Infrastruktur. Die Menschen im Bergbau mussten mit Lebensmitteln, Kleidung, Werkzeugen oder Holz versorgt werden. Die Hüttenarbeiter benötigten Baustoffe für die hüttentechnischen Anlagen, für die Röstbette und Schachtöfen oder für die feuerfesten Winddüsen.

Nimmt man in einer groben Einschätzung an, dass für einen funktionierenden Schmelzbetrieb 500 bis 1000 Personen – Bergleute, Holzknechte, Köhler, Schmiede, Händler, Bauern, Töpfer, Jäger, Krieger und deren Familien – notwendig und gleichzeitig in einem Tal mehrere Schmelzhütten in Betrieb waren, erkennt man das archäologische Potenzial im Paltental und in den Tälern entlang der Grauwackenzone in den Ostalpen.

Als Beispiel seien Grabungsergebnisse aus der befestigten Siedlung Kaiserköpperl in der Gemeinde Rottenmann genannt:

  • Die älteste dort gefundene Keramik stammt aus der Wende vom 5. zum 4. Jahrtausend v. Chr.. Fußgefäße, Schale, aber auch Becher mit tiefgestochener Ritzzier deuten auf einen Zusammenschluss mit dem westlichen Ungarn und mit Slowenien.
  • Die Phasen der frühen und der mittleren Bronzezeit sind am Siedlungshügel Kaiserköpperl zwar schwach vertreten. Dennoch sind Keramiktassen und typische Grobware (Vorratsgefäße) mit Fingertupfenleisten und Griffknubben zeitlich hier einzuordnen.
  • Mit der ältesten Befestigungsanlage im Paltental verbinden sich Objekte aus der Jungurnenfelderzeit (circa 1000 v. Chr.) mit ihrer typischen Zierweise, dem Abrollen tordierter Drahtringe, metopierenden Riefenbündeln und horizontalen Kanneluren. Vereinzelt ist auch ältere Ware, die um 1200 v. Chr. in Mode war, vertreten.
  • Deutliche Beziehungen zum westlichen Kulturkreis treten in der Späthallstattzeit auf, mit guten Entsprechungen in Baden-Württemberg. Auch die typische Form des Osthallstattkreises ist vertreten, der bis West-Ungarn und Slowenien reicht. Nachbildungen von Metallgefäßen aus Graphitton deuten auf eine Besiedlung bis in die keltische Frühphase der da-Tène-Stufe hin.
  • Kurz nach 400 v. Chr. scheint der Siedlungshügel verlassen worden zu sein. Eine Wiederbesiedlung fand nicht statt.

Die Erforschung der berg- und hüttenmännischen Techniken und der Fundplätze der Urzeit in den Ostalpen ist ein Beitrag zum Verständnis urtümlicher Wirtschaftsformen. Das komplexe Umfeld der Rohstoffnutzung, des Eingriffs in die Natur und die Störung von Ökosystemen durch den Menschen, die Besiedlung von Landschaften, die primär keine Gunstlandschaften darstellten, sowie die Umstellung auf andere Wirtschaftszweige nach dem Erliegen des Bergbaus bietet eine Fülle von Befunden, die nichts an Aktualität eingebüßt haben. Parallelen zu anderen Epochen, ja selbst aktuelle Bezüge zur Umstrukturierung der Wirtschaftsformen in den Alpen drängen sich auf.

Autoren:
Prof. Hubert Preßlinger und Prof. Clemens Eibner,
Institut für Ur- und Frühgeschichte,
Marstallhof 4, 69117 Heidelberg,
Telefon (0 62 21) 54 25 49, Fax (0 62 21) 54 25 26,
e-mail: 18@ux.urz.uni-heidelberg.de

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