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Stadtgestaltung mit Gefühl

Pressemitteilung Nr. 166/2014
11. September 2014
Forschungsprojekt entwickelt neue Methoden, mit denen Emotionen in die Stadtplanung einbezogen werden können
Urban Emotions 460x280

Grafik:Bernd Resch

Unsichere Radwege, Stress durch Verkehrsstaus, Angst in Unterführungen – in modernen Städten gibt es viele belastende Faktoren für die Einwohner. Eine nachhaltige Stadtgestaltung sollte nach Ansicht von Experten deshalb emotionale Reaktionen der Bürger auf ihre Umwelt miteinbeziehen. Im interdisziplinären Forschungsprojekt „Urban Emotions“ entwickeln Wissenschaftler der Universitäten Heidelberg und Kaiserslautern kreative Methoden, um mit nutzergenerierten Daten Auskunft über solche Gefühle zu erhalten. Die Daten sollen zeigen, wie Bürger ihre Stadt nutzen, wo sie sich wohlfühlen und durch welche Gegebenheiten problematische Situationen entstehen können. Für ein geeignetes Instrumentarium testen die Forscher die Möglichkeiten des „People as Sensors“-Konzepts, mit dem automatisiert Emotionen und Stresslevels gemessen werden. Zusätzlich werten sie öffentlich zugängliche Daten aus sozialen Netzwerken aus. Das Forschungsprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.

Für die automatisierte Messung von Emotionen und Stresslevels statten die Forscher Testpersonen mit Sensoren – ähnlich einer Armbanduhr – aus. „Damit können wir die Hautleitfähigkeit, die Körpertemperatur und die Herzfrequenzvariabilität messen, die sich ändern, wenn sich beispielsweise jemand erschrickt“, erklärt Dr. Bernd Resch. Der Geoinformatiker vom Geographischen Institut der Universität Heidelberg leitet das Forschungsprojekt zusammen mit Dr. Peter Zeile vom Fachbereich Raum- und Umweltplanung an der Technischen Universität Kaiserslautern. Die Messdaten ermöglichen Rückschlüsse darauf, wo es Stress auslösende Verkehrspunkte und somit Verbesserungsbedarf gibt – etwa auf Radwegen, die Radfahrer immer wieder in gefährliche Situationen bringen. „Mit den Sensoren lässt sich auch das subjektive Sicherheitsempfinden erfassen, zum Beispiel in einer Unterführung. Damit können wir überprüfen, ob ein ‚Angstraum‘ vorliegt und wie mit diesem im Idealfall planerisch umgegangen werden soll“, erklärt Bernd Resch. Die Daten sollen aber auch Aufschluss geben über Stress, der durch Lärm oder Hitze verursacht wird, oder über die positive Wirkung städtischer Gestaltungsmaßnahmen wie Grünanlagen als Entspannungsräume.

Zusätzlich zu den Messdaten werten die Forscher öffentlich zugängliche Daten aus sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook, Flickr oder Instagram aus. „Dort steht uns eine große Menge an subjektiven nutzergenerierten Daten zur Verfügung – eine bestens geeignete Datenquelle in einem Projekt, in dem wir auf die persönlichen Empfindungen von Menschen abzielen“, betont Dr. Resch. Auf diese Weise können die Wissenschaftler ihre Ergebnisse validieren, indem überprüft wird, ob gemessene Empfindungen mit subjektiven Einschätzungen in sozialen Medien übereinstimmen. „Da bei der Auswertung dieser Daten nicht nur der Ort des Geschehens wichtig ist, sondern auch die Semantik der Aussagen, arbeiten wir hier in einem neuartigen Forschungsansatz auch mit der Computerlinguistik zusammen“, erklärt der Geoinformatiker. „Dabei soll der Computer Emotionen kontextbezogen erkennen, so dass die Planer diese besser auswerten können.“

Mit dem „Urban Emotions“-Projekt wollen die Wissenschaftler herausfinden, wie sich bisher nicht identifizierbare dynamische Vorgänge in der Stadt über Emotionsinformationen erfassen und beeinflussen lassen. „Unsere Vision ist es, dass hier ein System entsteht, in dem die Bürger in die Raumbeobachtung aktiv mit einbezogen werden. Sie sollen helfen, eine andere Form der Raumwahrnehmung zu generieren und so auch eine neue Sichtweise auf die Stadt als eine Art ‚Organismus‘ zu entwickeln“, erklärt Dr. Zeile. Dazu untersuchen die Wissenschaftler, wie Emotionsinformationen am besten gewonnen werden können, wie belastbar diese Daten sind und wie sie so aufbereitet werden können, dass sie im Stadtplanungsprozess nutzbar sind. „Diese neuen kreativen Methoden können im Erfolgsfall eine wertvolle Ergänzung der traditionellen Stadtplanung sein“, sagt Dr. Resch.

Wissenschaftliche und technische Unterstützung erhalten die Wissenschaftler aus Heidelberg und Kaiserslautern vom Center for Geographic Analysis der Harvard University und dem Civic Data Design Lab des Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (USA) sowie den Research Studios Austria – iSPACE in Salzburg.

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 02.03.2015
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