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Kolonialismus in Indien: Satire als Spiegel der Gesellschaft

Pressemitteilung Nr. 214/2012
28. September 2012
Veröffentlichung mit Texten bengalischer Schriftsteller des 19. und 20. Jahrhunderts
Verkehrte Welten 160x240
Buchcover: Verkehrte Welten.

Wie gesellschaftliche Verhältnisse in der Zeit des Kolonialismus in Indien auf unterhaltsame und zugleich kritische Weise verarbeitet werden, zeigt der Band „Verkehrte Welten: Bengalische Satiren aus dem kolonialen Kalkutta“. Dr. Hans Harder, Professor für Neusprachliche Südasienstudien an der Universität Heidelberg, hat dafür 13 satirische Texte von bengalischen Schriftstellern des 19. und 20. Jahrhunderts ausgewählt und übersetzt. Diese Stücke, in denen die Autoren mit dem Mittel der Satire eine zuweilen harsche Kritik an ihrer Gesellschaft während der britischen Kolonialherrschaft zum Ausdruck bringen, sind im Original mit deutscher Übersetzung abgedruckt.

Bengalen liegt im Nordosten Indiens und spielte eine zentrale Rolle für die britische Kolonialmacht. Die Hauptstadt Kalkutta war vor allem im 19. Jahrhundert intellektuelles Zentrum des Landes. „Auffallend ist, dass sich nur wenige satirische Texte der Kolonialzeit direkt mit den britischen Kolonialherren auseinandersetzen. Die meisten sind selbstreflexiv geschrieben: Mitglieder der urbanen Mittelschicht halten sich und ihresgleichen einen Spiegel vor, um ihre Lebensführung kritisch zu hinterfragen“, berichtet Hans Harder. Dazu tritt häufig der sogenannte Babu in den Texten auf: ein Mann der Mittelschicht, der sich bei der englischen Besatzungsmacht anbiedert und den britischen Lebensstil imitiert.

Die 13 Texte umfassen Prosa, Lyrik und Dramatik; oft verschwimmen die Grenzen zwischen Humor und Ernsthaftigkeit. In der titelgebenden Geschichte „Verkehrte Welten“ wird die bittere Realität auf den Kopf gestellt: Großbritannien ist darin eine Kolonie Indiens. Rajshekhar Basu erzählt von einer Welt, in der englische Bauern für reiche Inder arbeiten und bengalische Kleidung bei der englischen Mittelschicht als besonders schick gilt. Dabei zeigen die Geschichten auch den gesellschaftlichen Prozess des Zusammenlebens zweier Kulturen. In der Kindergeschichte „Tohuwabohu“ lehnt sich Sukumar Ray an das Buch „Alice im Wunderland“ des Briten Lewis Carroll an und entwickelt eine indische Version der „Grinsekatze“.

Hans Harder studierte Indologie und Ethnologie in Hamburg und Heidelberg. An der Universität Halle-Wittenberg wurde er 1997 promoviert und habilitierte sich dort 2006. Ein Jahr später wurde er als Professor nach Heidelberg berufen. Am Südasien-Institut der Ruperto Carola leitet er die Abteilung Neusprachliche Südasienstudien. Seine Interessengebiete reichen von neuerer südasiatischer Literatur über die Religions- und Geistesgeschichte des kolonialen und unabhängigen Südasien bis hin zu satirischen Traditionen. Das Buch entstand im Rahmen seines Forschungsprojektes zu „Satire in Asien“, das am Exzellenzcluster „Asien und Europa im globalen Kontext“ der Ruperto Carola angesiedelt ist.

Bibliographische Information:
Hans Harder (Hg): Verkehrte Welten. Bengalische Satiren aus dem kolonialen Kalkutta, Heidelberg: Draupadi Verlag 2011.

Kontakt:
Dr. Alexander Häntzschel, Exzellenzcluster „Asien und Europa im globalen Kontext“
Telefon (06221) 54-4008, haentzschel@asia-europe.uni-heidelberg.de

Kommunikation und Marketing
Pressestelle, Telefon (06221) 54-2311
presse@rektorat.uni-heidelberg.de

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