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Kollision schwerer Atomkerne: Heidelberger Physiker werten Daten aus

Pressemitteilung Nr. 276/2010
17. November 2010
Wissenschaftler der Ruperto Carola stellen größte deutsche Hochschulgruppe im ALICE-Experiment des LHC
CERN
Darstellung einer Kollision von Bleikernen bei der höchsten je in einem Beschleuniger erreichten Energie im ALICE-Experiment.

Foto: ALICE-Team

Der Large Hadron Collider (LHC), der weltweit größte Teilchenbeschleuniger am Europäischen Forschungszentrum CERN in Genf, hat erstmals schwere Ionen aus Blei auf höchste Energien beschleunigt und zur Kollision gebracht. Damit ist ALICE, eines der vier großen internationalen Experimente am LHC, nach Proton-Proton-Kollisionen in eine neue Phase der Forschungsarbeiten eingetreten. An den rund 15-jährigen Vorbereitungsarbeiten wie auch an der nun anstehenden Datenauswertung sind Wissenschaftler der Universität Heidelberg zentral beteiligt. Erste Forschungsergebnisse werden bereits innerhalb weniger Tage erwartet, wie Prof. Dr. Johanna Stachel vom Physikalischen Institut der Ruperto Carola betont. Die Wissenschaftlerin leitet den BMBF-Forschungsschwerpunkt ALICE.

 

CERN
Prof. Dr. Johanne Stachel

Die Forschungen im Rahmen von ALICE sind speziell auf den Zusammenprall schwerer Atomkerne ausgelegt. Mit der Kollision von Bleiatomkernen soll dabei für winzige Augenblicke der extrem heiße und dichte Plasmazustand der Materie aus Quarks und Gluonen wiederhergestellt werden, wie er in den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Urknall existiert hat. Bei der Kollision von zwei Kernen entstehen nach Angaben von Prof. Stachel mehrere 10.000 Teilchen, die die Wissenschaftler nun genau vermessen und charakterisieren. „Damit ist eine neue Ära in der teilchenphysikalischen Forschung angebrochen“, betont die Heidelberger Wissenschaftlerin.

 

Unter den mehr als 100 Forscherinnen und Forschern, die aus Deutschland in der internationalen ALICE-Kollaboration mitwirken, stellt Heidelberg mit insgesamt rund 30 Mitgliedern die größte Hochschulgruppe. Aus der Physik der Universität Heidelberg sind Prof. Stachel und Prof. Dr. Norbert Herrmann vom Physikalischen Institut sowie Prof. Dr. Udo Kebschull vom Kirchhoff-Institut für Physik vertreten. An dem Bau von Detektorkomponenten haben die Forscher aus Heidelberg verantwortlich mitgewirkt. „Jetzt spielen wir auch eine führende Rolle in der wissenschaftlichen Auswertung der Daten“, so Prof. Stachel.

 

Der Detektor von ALICE ist 25 Meter lang, 16 Meter breit und 16 Meter hoch. Er funktioniert wie eine dreidimensionale Kamera und liefert Momentaufnahmen der Kollisionen von schweren Ionen. Die Bildauflösung beträgt 600 Millionen Pixel und entspricht 750 Megabyte an digitaler Information. Bei einer Auslesegeschwindigkeit von 17,5 Terabyte/s können viele tausend Ereignisse pro Sekunde der Analyse zugeführt werden.

 

 ALICE besteht aus einer Reihe von Einzelkomponenten; deutsche Forscher sind an drei von ihnen federführend beteiligt. Dabei handelt es sich um die Zeitprojektionskammer, die auf fünf Metern Länge die Kollisionszone bis zu einem Radialabstand von zweieinhalb Metern umschließt, sowie um den nach außen folgenden Übergangstrahlungsdetektor. Prof. Stachel ist die Projektleiterin dieses „Transition Radiation Detector“ (TRD). Das dritte Projekt ist der sogenannte „High Level Trigger“, ein neuartiger Hochleistungsrechner, der innerhalb von Bruchteilen von Sekunden die ungeheuren Datenmengen jedes ALICE-Ereignisses analysieren kann.

 

Der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsschwerpunkt ALICE ist ein überregionales Netzwerk herausragender Forscher, dem Wissenschaftler deutscher Hochschulgruppen in Darmstadt, Frankfurt, Heidelberg, Münster, Köln und Worms sowie des GSI Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung in Darmstadt angehören.

 

Weitere Informationen im Internet können unter der Adresse http://aliceinfo.cern.ch/Collaboration/index.html abgerufen werden.

Kontakt:
Prof. Dr. Johanna Stachel
Physikalisches Institut
Telefon (06221) 54-9224
stachel@physi.uni-heidelberg.de

Kommunikation und Marketing
Pressestelle, Telefon (06221) 54-2311
pressestelle@rektorat.uni-heidelberg.de
 

 

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