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Praxisnah Lernen und Prüfen an virtuellen Patienten

6. Dezember 2007

Lehr-Projekt des Heidelberger Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin und Zentrums für virtuelle Patienten der Medizinischen Fakultät ausgezeichnet

 

Patienten behandeln – wenn auch nur im Computer – statt auswendig lernen: Für die Heidelberger Medizinstudenten ist dies eine ideale Vorbereitung auf die klinische Praxis.

Das Projekt "Lernen und  Prüfen mit virtuellen Patienten" des Heidelberger Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin und des Zentrum für virtuelle Patienten der Medizinischen Fakultät ist im Oktober 2007 im "Wettbewerb zur Integration von E-Learning in die Medizinische Lehre" mit dem ersten Platz ausgezeichnet worden. Den mit 5.000 Euro dotierten Preis verleiht das Kompetenzzentrum "E-Learning in der Medizin" der Universität Ulm Konzepten, die wichtigen Lernstoff anschaulich und effektiv vermitteln und innovativ in den Lehrplan der Medizinstudenten integrieren. Die Lehre an virtuellen Patienten soll künftig in Heidelberg fester Bestandteil in allen medizinischen Fachgebieten sein.

Das Heidelberger Programm konfrontiert Medizinstudenten mit virtuellen Patienten einer Kinderklinik jeglicher Art, vom Baby mit Atemnot bis zum Jugendlichen, der z.B. an Bluthochdruck leidet.   Der Patient muss von den Studenten selbständig betreut werden und sie müssen dabei schwierige klinische Probleme lösen. Sie erheben die Krankengeschichte, untersuchen den Patienten, treffen Entscheidungen über Diagnostik und Therapie, führen Laboruntersuchungen durch und ordnen Untersuchungen an.

Wie man eine gute Anamnese führt, kann auch am Bildschirm erlernt werden.  
Wie man eine gute Anamnese führt, kann auch am Bildschirm erlernt werden.
Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg
Studierende lösen selbstständig klinische Fälle am PC

Und so sieht ein Fall aus: Ein Kind klagt über Atembeschwerden. Ein Mausklick auf das Stethoskop und aus dem Lautsprecher des Rechners ertönen die Atemgeräusche. Die Studierenden begutachten angeforderte Röntgenbilder, Fieberkurven und Laborwerte. Authentisch ist auch die Auswahl und Dokumentation der Diagnose mit einem Zahlenschlüssel. Ob sie die richtige Diagnostik und  Behandlung durchgeführt haben, erfahren die angehenden Ärzte durch den Vergleich mit dem realen Fallablauf und durch einen virtuellen Dozenten, der hilfreiches Feedback gibt.

Das Projekt "Lernen und  Prüfen mit virtuellen Patienten" ist umfassend in das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin eingebunden: Die virtuellen Patienten sind fester Bestandteil in dem von Tutoren betreuten Kleingruppenunterricht und werden zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts am Krankenbett und der Vorlesungen eingesetzt. Ein elektronischer Stundenplan, der für jede Veranstaltung Auskunft zu Lernzielen und Arbeitsmaterial gibt, verweist ebenfalls auf jeweils passende virtuelle Patienten mit typischen Krankheitsverläufen. Die Studierenden können diese Patienten so auch Zuhause behandeln.

Virtuelle Patienten soll es bald in allen Fachbereichen geben

Auch bei der Prüfung in Kinderheilkunde am PC spielen die virtuellen Patienten seit Juni 2006 eine wichtige Rolle: Die Studierenden werden mit kritischen Ereignissen bei der Betreuung eines Patienten konfrontiert - Sie sollen die Sachlage richtig interpretieren und die entsprechenden Entscheidungen treffen. Ein Novum bei dieser Prüfung: Es gibt keine Auswahl von möglichen Antworten, die Antwort wird frei eingegeben. Das System vergleicht den Eintrag mit mehr als 9.000 integrierten Diagnosen und lässt die endgültige Antwort nochmals durch den Studierenden bestätigen, um Missverständnisse auszuschließen.

"Aufgrund unserer positiven Erfahrungen mit den virtuellen Patienten wollen wir sie nun im Rahmen von HeiCuMed in allen Fachbereichen sowie in der Vorklinik einsetzen", erklärt Dr. Sören Huwendiek, der das Projekt der virtuellen Patienten in der Kinderklinik zusammen mit Prof. Dr. med. Burkhard Tönshoff leitet. "Dabei ist uns wichtig, dass unsere virtuellen Patienten den Studierenden nicht vom wirklichen Patienten abhalten, sondern helfen, sich optimal auf diesen vorzubereiten."

Wissenschaftliche Begleitung – Internationale Studien in der EU

Der Integrationspreis E-Learning 2007 ist nach dem Medidaprix 2002, den Comenius-Medaillen 2003 und 2004 und den Lehrpreisen der Medizinischen Fakultät Heidelberg 2003 und 2004 nun die sechste Auszeichnung für dieses innovative Projekt. Seit September 2007 wird es zusätzlich durch das EU-Projekt "Electronic Virtual Patients" finanziell gefördert und ist damit europäisch multizentrisch eingebunden. "Dies ermöglicht uns die Teilnahme an internationalen Studien, die die Wirksamkeit des Lernprogramms überprüfen, und eine Zusammenarbeit mit Partnern im Ausland", so Dr. Huwendiek.

Die virtuellen Patienten wurden mit dem System CAMPUS umgesetzt, das im Labor "Computerunterstützte Lehr/Lernsysteme in der Medizin" von Professoren und Studenten des Studiengangs Medizinische Informatik der Universität Heidelberg und der Fachhochschule Heilbronn unter Leitung von Professor Dr. Franz Josef Leven und Professor Dr. Martin Haag in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. med. Burkhard Tönshoff, Leitender Oberarzt am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg entwickelt wurde. Inzwischen wurde dieses Labor in "Zentrum für virtuelle Patienten" umbenannt und wird von Professor Dr. Martin Haag und Dr. Sören Huwendiek gemeinsam geleitet. Neben der Weiterentwicklung der virtuellen Patienten ist nun auch die übergreifende curriculare Einbindung ein Schwerpunkt des Zentrums. Die Fallsammlung wurde bereits in den Jahren 1999-2006 von einem Team um Professor Dr. Burkhard Tönshoff konzipiert und umgesetzt.

Kontakt:
Dr. med. Sören Huwendiek
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Im Neuenheimer Feld 153
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 5638368
Email: soeren.huwendiek@med.uni-heidelberg.de

Weitere Informationen zu CAMPUS und dem Zentrum für virtuelle Patienten im Internet:
www.medicase.de

Weitere Informationen zum "Wettbewerb zur Integration von E-Learning in die Medizinische Lehre"
www.elearning.medizin-bw.de

Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672,   69120 Heidelberg
Tel.:    06221 / 56 45 36
Fax:    06221 / 56 45 44
E-Mail: annette.tuffs(at)med.uni-heidelberg.de

Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Seitenbearbeiter: Email
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