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Dr. Gabriel und Dr. Noé (Universität Heidelberg) im Eliteprogramm der Landesstiftung Baden-Württemberg

20. Februar 2007

Postdoktoranden erhalten durch das Eliteprogramm substanzielle Unterstützung, um ihr Forschungsvorhaben voranzutreiben – Bis zu 80 000 Euro für Personal-, Sach- und Investitionsmittel – Themen: Skeptizismus und Idealismus in der Antike; Simulation von Biomolekülen


Für den Nachwuchs ist eine Unterstützung gerade in der wichtigen und produktiven Phase der wissenschaftlichen Qualifikation nach der Promotion besonders wichtig. Mit ihrem Eliteprogramm bietet die Landesstiftung ein attraktives Instrument mit exzellenten Arbeitsbedingungen für die kommende Forschergeneration. Die beiden Postdocs Dr. Markus Gabriel aus dem Philosophischen Seminar und Dr. Frank Noé aus dem Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen der Universität Heidelberg wurden jetzt in das Programm aufgenommen und erhalten bis zu 80.000 Euro für Personal-, Sach- und Investitionsmittel. Ihre Themen sind Skeptizismus und Idealismus in der Antike sowie die Simulation von Biomolekülen.


Skeptizismus und Idealismus in der Antike


Was hat die römische Kaiserzeit mit dem 21. Jahrhundert zu tun? Viel. Das sagt jedenfalls Dr. Markus Gabriel von der Universität Heidelberg. Die Lebensbedingungen im römischen Kaiserreich seien vergleichbar mit dem Hier und Heute – stabile gesellschaftliche Lebensumstände ohne Krieg. Keine Selbstverständlichkeit auf der bekannten Welt 200 Jahre n. Chr.

Es ist inzwischen eine weit verbreitete Überzeugung in der Erkenntnistheorie und in der Philosophiehistorie, dass es in der Antike weder ein Außenweltproblem noch einen Idealismus gegeben habe, der damit rechnet, dass es überhaupt keine Außenwelt im Sinne der raum-zeitlich ausgedehnten Totalität aller kausal miteinander verknüpften Einzeldinge gibt.

Da der Skeptizismus in der Tat sowohl in der frühen Neuzeit als auch im nachkantischen Idealismus eine Begründungsfunktion in der idealistischen Theorieoption übernimmt, wäre die historische Annahme eines Idealismus in der Antike unplausibel, hätte es seinerzeit kein Außenweltproblem gegeben.

Nun lässt sich aber nicht nur zeigen, dass Sextus Empiricus (der behauptete, dass der Mensch für seine Urteile keinerlei Anspruch auf Wahrheit erheben könne und deshalb feste, auf Wissen begründete Überzeugungen unmöglich seien), der berühmteste Skeptiker der Antike, das Außenweltproblem ins Zentrum seiner Argumentation gegen den Stoizismus rückt. Darüber hinaus reagiert nämlich Plotin – beide lebten etwa 200 n. Chr. und hinterließen fast ihr vollständiges Werk – auf Sextus mit einem idealistischen System. Dieser in der Forschung bisher völlig unbeleuchtete Zusammenhang von Skeptizismus und Idealismus bei Plotin wird in einer historischen und systematischen Studie untersucht. Die Entfremdung des Subjekts von seiner Welt ist demnach kein historischer Holzweg, der in der Philosophie erst seit Descartes gangbar ist, sondern erweist sich vielmehr als eine Grundkonstante der philosophischen Reflexion. Gabriel will mit seinem Projekt die idealistische Theorieoption und die Rolle der Philosophie in unserer Gesellschaft unterstützen.


Der Natur ein Schnippchen schlagen – Dr. Frank Noé erforscht die Simulation von Biomolekülen


In diesem Fall ist die Natur noch bedeutend schneller als der PC – das soll sich aber durch die Arbeit des Heidelberger Wissenschaftlers Dr. Frank Noé ändern. Die effiziente Simulation von Biomolekülen ist ein wichtiges Thema. In der Zukunft könnte es damit möglich sein, durch Interaktion von chemischen Substanzen und Biomolekülen Medikamente am PC zu entwerfen. Das wäre ein möglicher Anwendungsbereich der Forschungsarbeit von Dr. Frank Noé und seinem Team an der Universität Heidelberg. Ein weiterer wäre die Nanotechnologie.

Bis dorthin sind aber noch einige Hürden zu überwinden. Konkrete Probleme sind: Die Nutzbarkeit solcher Simulationen ist durch das so genannte "Sampling Problem" stark eingeschränkt. Der PC ist in diesem Fall nämlich langsamer als die Natur: Was in der Natur in einer Mikrosekunde passiert, dauert in der Simulation bis zu einem Jahr. Damit das nicht so bleibt, hat der Heidelberger Forscher eine durch die Informatik motivierte Methode entwickelt, um das "Sampling Problem" zu umgehen.

Normalerweise möchte der Wissenschaftler einige bestimmte Eigenschaften aus der Simulation bestimmen. Deshalb wird die Information des Netzwerks benutzt, um die nächsten Simulationsschritte vorzuschlagen, sodass der maximale Informationsgewinn auf den Zieleigenschaften erzielt wird. Auf diese Weise soll das "Sampling Problem" für eine große Klasse molekularer Prozesse gelöst werden, ohne die natürliche Dynamik der simulierten Moleküle zu stören.

Unterstützt wird dieses interdisziplinäre Projekt von vielen, vielen Helfern: Nach dem Modell von Einstein@home arbeiten die Forscher mit foulding@home – Forscher anderer Institute und Länder stelle darin hunderttausendfache Rechnerleistung zur Verfügung. Zum Beispiel: Um ein Molekül zu berechnen, benötigen 20.000 Rechner etwa ein Jahr.


Über das Programm und die Landesstiftung


Wissenschaftsminister Prof. Dr. Peter Frankenberg und der Geschäftsführer der Landesstiftung Herbert Moser zogen nach fünf Jahren eine positive Bilanz: "Das Eliteprogramm für Postdoktoranden nimmt einen ganz hervorragenden Verlauf. Die gute Berufungssituation zeigt, dass das Konzept aufgeht und den jungen Wissenschaftlern beste Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einstieg in die Hochschullehrerlaufbahn bietet."

Seit 2002 hat die Landesstiftung 95 Forschungsvorhaben mit rund 5,5 Mio. Euro unterstützt. Mit dem Eliteprogramm werden herausragende Nachwuchswissenschaftler gefördert, die ihren Lebensmittelpunkt in Baden-Württemberg haben und eine Hochschullehrerlaufbahn anstreben. Sie müssen ihre Exzellenz bereits durch besondere Leistungen bewiesen haben.

Das Eliteprogramm umfasst neben der finanziellen Unterstützung des Forschungsvorhabens zwei bis drei Netzwerktreffen pro Jahr. Dabei stehen Fortbildungsthemen im Mittelpunkt, die für die Nachwuchswissenschaftler in dieser Phase der Weiterqualifikation besonders wichtig sind, wie beispielsweise Berufungsverfahren sowie Rechte und Pflichten eines Hochschullehrers.

Die gemeinnützige LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg ist eine der größten Stiftungen in Deutschland. Sie ist die einzige Stiftung, die in außergewöhnlicher Themenbreite dauerhaft, unparteiisch und ausschließlich in die Zukunft Baden-Württembergs investiert – und damit in die Zukunft seiner Bürgerinnen und Bürger.


Weitere Informationen unter: www.landesstiftung-bw.de



Kontakt:
Dr. Markus Gabriel, Universität Heidelberg
Philosophisches Seminar
Tel. 06221 542485, Fax 542278
gabriel@uni-heidelberg.de
www.philosophie.uni-hd.de/personal/gabriel.html

Dr. Frank Noé
Universität Heidelberg
Tel. 06221 548801, Fax 548868
frank.noe@iwr.uni-heidelberg.de

Landesstiftung:
berghold@landesstiftung-bw.de

Medienpartner der Landesstiftung:
orgeldinger media group gmbh
sigloch@orgeldinger-media-group.de

Allgemeine Rückfragen von Journalisten auch an:
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
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Irene Thewalt
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