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Prof. Dr. Joseph Maran
Institut für Ur- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie
Tel. +49 6221 54-2541
joseph.maran@zaw.uni-heidelberg.de

 
Originalpublikation

K.G. Hinzen, J. Maran, H. Hinojosa‐Prieto, U. Damm‐Meinhardt, S.K. Reamer, J. Tzislakis, K. Kemna, G. Schweppe, C. Fleischer, K. Demakopoulou: Reassessing the Mycenaean Earthquake Hypothesis: Results of the HERACLES Project from Tiryns and Midea, Greece. Bulletin of the Seismological Society of America (published online 27 March 2018), doi: 10.1785/0120170348

 
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Mykenische Paläste in Griechen­land: Kein Untergang durch Erdbeben

4. April 2018

Wissenschaftler der Universitäten Köln und Heidelberg untersuchen die antiken Städte Tiryns und Midea

Luftbild des mykenischen Palastzentrums von Tiryns

Foto: Dr. A. Papadimitriou

Luftbild des mykenischen Palastzentrums von Tiryns

Niemand weiß genau, warum die mykenischen Paläste um 1200 vor Christus ihr Ende fanden; auch ein Mega-Erdbeben oder ein „Erdbebensturm“ am Ende der Bronzezeit wurden als möglicher Grund angenommen. Für diese Hypothese konnten in den antiken Städten Tiryns und Midea jedoch keine Belege gefunden werden, wie der Geophysiker Prof. Dr. Klaus-Günter Hinzen von der Universität zu Köln und der Archäologe Prof. Dr. Joseph Maran von der Universität Heidelberg betonen. Die Kölner Archäoseismologen haben die Zitadellen mit Unterstützung des Griechischen Antikendienstes von 2012 an untersucht. Die Forschungsergebnisse wurden jetzt im „Bulletin of the Seismological Society of America“ veröffentlicht.

Die mykenischen Zitadellen von Tiryns und Midea in der Argolis befinden sich im Nordosten der griechischen Halbinsel Peloponnes, wo auch Mykene liegt. Beide Orte sollen am Ende der Bronzezeit von mehreren Erdbeben heimgesucht und um 1200 vor Christus durch ein starkes Erdbeben zerstört worden sein. Damit sei wie bei anderen mykenischen Zentren der Untergang der ganzen Kultur eingeleitet worden. Prof. Maran erforscht das UNESCO-Weltkulturerbe Tiryns im Auftrag des Deutschen Archäologischen Instituts bereits seit 1994. In Jahren 2012 und 2013 untersuchte das Team von Prof. Hinzen die lokale Geologie der beiden Orte ebenso wie ihre Lage in den Erdbebenzonen Griechenlands und die vermeintlichen Erdbebenschäden in den Grabungen vor Ort. Die Forscher sammelten Daten und modellierten, wie sich Erdbeben in Tiryns und Midea ausgewirkt hätten.

Die Zitadellen von Tiryns und Midea sind auf Bergrücken errichtet worden. Die Oberstadt von Tiryns steht auf einem Kalkgesteinsrücken, die umgebende Unterstadt hingegen auf lockeren Sedimenten. Bei einem Erdbeben wäre zu erwarten, dass nicht der Palast, sondern als erstes die Unterstadt leidet. Gerade dort ist jedoch kein Schaden nachgewiesen. Alles, was bisher als Erdbebenschaden angesehen wurde, lag im Palastbereich. Wie die Forschungen der Kölner Archäoseismologen zeigen, kann ein Großteil dieser beschriebenen Schäden nicht als Folge eines Erdbebens interpretiert werden. Zum Teil handelte es sich stattdessen um langsamen Verfall im Laufe der Jahrhunderte oder um Fehlinterpretationen von Befunden.

Wie die Wissenschaftler erläutern, wurden beispielsweise in den 1970er Jahren in einem Raum Terracottafiguren und Terracottavasen gefunden, die zerbrochen auf dem Boden lagen. Die alte These war, dass diese Artefakte durch ein Erdbeben von einer steinernen Bank heruntergefallen sind. Mit Blick auf die Verteilung der Bruchstücke konnten Prof. Hinzen und sein Team mit mehreren tausend Modellrechnungen in einer Computersimulation zeigen, dass ein Erdbeben hier als Ursache kaum in Frage kommt. Auch die grundsätzliche Erdbebengefahr in der östlichen Peloponnes betrachteten die Forscher anhand von Simulationen. Die neuen Ergebnisse lassen bezweifeln, dass Tiryns und Midea Opfer eines „Erdbebensturms“ am Ende der Bronzezeit wurden.

Die Forschungsarbeiten wurden im Rahmen des Projektes „Hypothesis-Testing of Earthquake Ruined Argolid Constructions and Landscape with Engineering Seismology“ (HERACLES) durchgeführt. Die Gerda-Henkel-Stiftung und die Fritz-Thyssen-Stiftung haben das Projekt jeweils zur Hälfte gefördert.

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 04.04.2018
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