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P. Denninger, A. Bleckmann, A. Lausser, F. Vogler, T. Ott, D. Ehrhardt, W.B. Frommer, S. Sprunck, T. Dresselhaus, G. Grossmann: Male-female communication triggers calcium signatures during fertilization in Arabidopsis. Nature Communications 5, 4645 (22 August 2014), doi: 10.1038/ncomms5645

 
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Neue Erkenntnis zum Prozess der doppelten Befruchtung bei Blütenpflanzen

28. August 2014

Wissenschaftler können erstmals zelluläre Signale in lebenden Samenanlagen während des gesamten Befruchtungsvorgangs aufzeichnen

Calcium Waves

Foto: Philipp Denninger

Die Eizelle (rot-orange) im Moment der Be­fruch­tung mit der oberen Sperma­zelle (grün). Die untere Sperma­zelle fusioniert wenig später mit der Zentral­zelle (nicht sichtbar). Die Fusion der weib­lichen und männ­lichen Keim­zellen löst eine Kalzium-Welle in der Ei­zelle aus.

Mit Untersuchungen zum Prozess der sogenannten doppelten Befruchtung bei Blütenpflanzen ist es Zellbiologen der Universität Regensburg und der Universität Heidelberg jetzt erstmals gelungen, bei der Modellpflanze Arabidopsis thaliana zelluläre Signale in lebenden Samenanlagen während des gesamten Befruchtungsvorgangs aufzuzeichnen. Dazu nutzten die Forscher einen neuen hochempfindlichen Biosensor in Kombination mit neuen Methoden im Bereich der Fluoreszenzmikroskopie. Auf diesem Weg war es möglich, Änderungen in der Kalzium-Konzentration von Zellen, die an der doppelten Befruchtung beteiligt sind, im Mikroskop sichtbar zu machen. Die Wissenschaftler um Prof. Dr. Thomas Dresselhaus (Regensburg) und Dr. Guido Großmann (Heidelberg) entdeckten dabei spezifische Muster von Kalzium-Wellen, die entstehen, sobald die weiblichen Zellen mit ihren männlichen Partnern in Kontakt kommen. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Die doppelte Befruchtung ist ein Hauptmerkmal der Blütenpflanzen, zu denen auch fast alle Nutzpflanzen gehören. Im Gegensatz zu Tieren, aber auch zu niederen Pflanzen wie Moose und Farne, werden die unbeweglichen Spermazellen bei Blütenpflanzen über den Pollenschlauch in die zum Teil tief eingebetteten Samenanlagen transportiert. Bei Mais zum Beispiel müssen bei diesem Vorgang Strecken von bis zu 20 Zentimtern zurückgelegt werden. In der Samenanlage angekommen, platzt der Pollenschlauch und entlässt zwei Spermazellen. Eine dieser Zellen befruchtet anschließend die Eizelle, woraus sich der Embryo entwickelt. Eine zweite Spermazelle befruchtet die Zentralzelle, aus der das Nährgewebe der Samen, das sogenannte Endosperm entsteht. Diese beiden Produkte der doppelten Befruchtung – Embryo und Endosperm – sind die Hauptbestandteile der Pflanzensamen und damit unserer wichtigsten Grundnahrungsmittel.

Wie Prof. Dresselhaus erläutert, finden die Befruchtungsprozesse bei Blütenpflanzen gut geschützt in den mütterlichen Geweben der Samenanlage statt. Bislang ist nur wenig über die zugrundeliegenden Mechanismen der gegenseitigen Erkennung und Fusion männlicher und weiblicher Zellen bekannt. „Bei Tieren wird Kalzium als sogenanntem Signalmolekül eine ganz zentrale Rolle bei der intrazellulären Weiterleitung von Informationen zugeschrieben, beispielsweise bei der Erkennung der Keimzellen beider Geschlechtspartner“, sagt der Wissenschaftler. Die Forschungsarbeiten in Regensburg und Heidelberg galten daher dem Ziel, Änderungen der Kalzium-Konzentration in den Zellen „sichtbar“ zu machen. Neben der Verwendung von Biosensor und Fluoreszenzmikroskopie machten sich die Wissenschaftler in diesen Untersuchungen jüngst identifizierte Genregulationselemente aller an der Befruchtung beteiligten Zellen zu Nutze – ebenso wie die Möglichkeit, die Befruchtungsvorgänge auch bei Pflanzen isoliert an den weiblichen Sexualorganen durchzuführen.

Mit dieser neu entwickelten Methodik konnten die Wissenschaftler den gesamten Befruchtungsvorgang in Echtzeit in lebenden Zellen beobachten. Darüber hinaus ist es ihnen gelungen, die Verteilung von Kalzium und die Bedeutung dieses wichtigen Moleküls im Prozess der Befruchtung genauer zu untersuchen. Dabei hat sich gezeigt, dass oszillierende Kalzium-Wellen beim Kontakt zwischen Pollenschlauch und Eiapparat entstehen und eine zentrale Rolle beim Platzen des Pollenschlauchs spielen. „Eine erste Kalzium-Welle tritt in der Ei- und Zentralzelle bei der Spermazellfreisetzung auf und führt vermutlich zur Aktivierung beider Zellen, während eine weitere, länger anhaltende Kalzium-Welle die Fusion der Keimzellen und damit die erfolgreiche Befruchtung der Eizelle markiert“, beschreibt Dr. Großmann die Ergebnisse.

Welche molekularen Prozesse jeweils durch die Kalzium-Wellen ausgelöst werden, muss nach den Worten des Heidelberger Zellbiologen in weiteren Arbeiten untersucht werden. „Die bisher vorliegenden Forschungsergebnisse weisen jedoch bereits darauf hin, dass Kalzium eine zentrale Rolle auch bei der Befruchtung von Blütenpflanzen spielt, wobei die Muster der Kalzium-Signale für jeden beteiligten Zelltyp spezifisch sind“, so Dr. Großmann, der eine unabhängige Forschungsgruppe am Centre for Organismal Studies leitet und Mitglied des Exzellenzcluster CellNetworks der Universität Heidelberg ist. Bei ihren Untersuchungen arbeiteten die Regensburger und Heidelberger Wissenschaftler eng mit Kollegen der Carnegie Institution for Science in Stanford (USA) und der Ludwig-Maximilians-Universität München zusammen.

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 29.08.2014
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