Diakoniewissenschaftliches Institut feierte 60-jähriges Bestehen

Mit dem Symposium wurde auch der 90. Geburtstag des ehemaligen Institutsdirektors Prof. Dr. Paul Philippi begangen

Das Diakoniewissenschaftliche Institut (DWI) der Universität Heidelberg veranstaltete am Montag, den 13. Januar 2014, ein Symposium zur „Theologie der Diakonie“. Mit der Veranstaltung erinnerte das DWI an seine Gründung vor 60 Jahren und beging zugleich den 90. Geburtstag des ehemaligen Institutsdirektors Prof. Dr. Paul Philippi. Zu der Veranstaltung erschienen rund 80 Teilnehmer aus Wissenschaft, Diakonie und Kirche, darunter die drei noch lebenden ehemaligen Direktoren des DWI – Paul Philippi, Theodor Strohm und Heinz Schmidt – und der Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Dr. Frank Otfried July.

In seiner Eröffnungsrede ging der Dekan der Theologischen Fakultät und Direktor des Diakoniewissenschaftlichen Instituts, Professor Dr. Johannes Eurich, auf die Bedeutung des von Paul Philippi vorgelegten Entwurfs einer „Christozentrischen Diakonie“ ein, die der Jubilar der Diakoniewissenschaft als bleibendes Erbe hinterlassen habe. Er würdigte in seinen Ausführungen das vielfältige wissenschaftliche, kirchliche und politische Engagement des „siebenbürgerisch-sächsischen Theologen und späteren Politikers“ Philippi – Philippi war nach seiner Rückkehr nach Rumänien 1989 Mitbegründer und von 1992 bis 1998 Vorsitzender des Deutschen Demokratischen Forums in Rumänien – und stellte dabei insbesondere dessen Einsatz für die deutsche Minderheit in Rumänien heraus.

Mit Blick auf das Thema des Symposiums stellte Eurich fest, dass es kaum noch Entwürfe zu einer „Theologie der Diakonie“ gebe, die Diakoniewissenschaft sich vielmehr angesichts einer grundlegend veränderten Praxis auf Fragen der Vermittlung ihrer christlichen Grundlagen im Gespräch mit anderen Disziplinen und Professionen konzentriere. Wie eine Theologie der Diakonie zur heutigen Begründung helfenden Handelns beitragen kann, stand denn auch im Mittelpunkt des Symposiums.​


 

Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Württemberg, Dr. h.c. Frank Otfried July, dankte dem Institut dafür, dass es immer wieder „die diakonische Dimension christlichen Lebens, christlicher Existenz“ unter veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen reflektiere und würdigte seine „unverzichtbare Arbeit an der Schnittstelle zwischen akademischer Forschung, Begleitung der Diakonie in Deutschland und der Reflexion kirchlicher Leitungsarbeit“. In seinen sehr persönlich gehaltenen Ausführungen blickte July zurück auf eigene biographische Stationen in Wissenschaft, Kirche und Diakonie und skizzierte Erfahrungen einer „kontextuellen Theologie der Diakonie“. Er machte deutlich, dass trotz des im Tagesgeschäft obwaltenden Pragmatismus eine theologische Fundierung und Begründung eigenen Handelns unabdingbar sei und stellte dies insbesondere an der aktuellen Diskussion um den Diakonat in Württemberg heraus. Gleichwohl dürfe eine Theologie der Diakonie „nicht nur Stichwortgeber für schnelle Leitbildformulierungen sein“, sondern sollte vielmehr stets aufs Neue „das gesamte kirchliche Bewusstsein“ durchdringen und provozieren.

Es war dann die Aufgabe von Professor Dr. Heinz Schmidt, Direktor des DWI von 2001-2008, einen Überblick über die unterschiedlichen Begründungsansätze der Theologie der Diakonie zu geben und diese kritisch auf ihren Ertrag hin zu befragen. In den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellte er dabei die Positionen der drei früheren Direktoren des DWI, Herbert Krimm, Paul Philippi und Theodor Strohm. In seinen Ausführungen ging er gleichwohl auch auf Veränderungen ein, die – durch Globalisierung und Individualisierung induziert – eine Theologie der Diakonie herausfordern und zu neuen Akzentuierungen nötigen.

Wolfgang Maaser, Professor für Ethik an der Evangelischen Fachhochschule in Bochum analysierte schließlich das spannungsreiche Verhältnis von Kirche und Diakonie. In seiner Verhältnisbestimmung verband er modernisierungstheoretische Aspekte mit sozialethischen und fundamental-theologischen Überlegungen. Auf der Basis der geläufigen Unterscheidung von drei Ebenen der Diakonie – verfasster Kirche, Verband, Einrichtungen – lokalisierte er den Ort, an dem Spannungen im Verhältnis von Kirche und Diakonie virulent werden und diagnostizierte einen organisatorischen Klärungsprozess eben dieses Verhältnisses, der vornehmlich im Medium des Kirchenrechts ausgetragen werde. Doch seien dazu auch eine sozialethische Durchdringung und eine politiktheoretische Reflexion des Spannungsverhältnisses erforderlich, weil die Diakonie eingebunden bleibe in „politisch induzierte Sachgesetzlichkeiten der Sozialwirtschaft“ und als Teil der Zivilgesellschaft nicht über dieser stehe, sondern in ihr ihren Ort finde. Fundamentaltheologisch sei schließlich eine Doppelbewegung aus ethisch-anthropologischer Diskursivität und dogmatischer Rückbindung zu vollführen.

In seiner Replik auf die beiden Vorträge von Schmidt und Maaser ging Paul Philippi auf das „Subjekt der Diakonie“ ein: „Wer aber ist das Subjekt der Diakonie? Wer übt, wer trägt sie?“ Das könne nicht an „der Liebe“ oder einer Gesinnung, nicht an einer Spiritualität fest gemacht werden, sondern nur an einer identifizierbaren Gruppe von Menschen, eben an der Kirche als Gemeinde(n), die sich als Hilfsgemeinschaften verstehen lernen müssten: „Wer von Diakonie recht reden will, muss von der rechten Gemeinde reden.“ Vor dem Hintergrund dieser Rückbindung an die Gemeinde fragte er denn auch skeptisch, aber nicht ohne Hoffnung, ob man sich diakonisch übernommen habe – oder noch zusetzen könne.

Das Symposium fand seinen Ausklang bei einem Empfang in der Bel Etage der Alten Universität, bei dem zahlreiche der zuvor bereits andiskutierten Thesen weiter vertieft werden konnten.

 

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 30.05.2018
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