Bereichsbild

Das Amt und die Vergangenheit

Vortrag Prof. Dr. Eckart Conze (Marburg)

Conze
Prof. Dr. Eckart Conze

Heidelberg (gs). Wohl kaum ein historisches Buch hat in den letzten Jahren ein solch breites Medienecho erhalten, wie „Das Amt und die Vergangenheit.“ Die Kontroverse um die Ergebnisse der Unabhängigen Historikerkommission des Auswärtigen Amtes stellt somit ein Paradebeispiel der Beziehung von Geschichtswissenschaft und Öffentlichkeit dar. In seinem Vortrag diskutierte Prof. Dr. Eckart Conze (Marburg), einer der leitenden Mitglieder der Kommission, deshalb vor allem auch die öffentlichkeitswirksame Legendenbildung führender Diplomaten nach 1945, die intensiv am Bild vom „sauberen Amt“ mitarbeiteten. Nach einer kurzen Beschreibung der Entstehungsgeschichte der Historikerkommission des Auswärtigen Amtes zeichnete Conze die Entwicklung des Außenamtes von 1933 bis in die Bundesrepublik nach. Dabei wurde deutlich, wie durch eine hohe personelle Kontinuität der im Auswärtigen Amt arbeitenden Diplomaten ein Geschichtsbild durch das Amt selbst aktiv in der Öffentlichkeit vertreten wurde, das die Beteiligung deutscher Diplomaten an den Verbrechen der NS-Zeit systematisch zu verdrängen suchte. Erst ein Generationswechsel, ein erinnerungskultureller Wandel sowie der Umstand, dass das Auswärtige Amt keine zentrale identitätsstiftende Funktion für die Bundesrepublik mehr erfülle, hätten -  vergleichbar mit der Diskussion um die Legende einer "sauberen Wehrmacht" - ein grundsätzliches Infragestellen der bisherigen Mythen ermöglicht.

 

Hartnäckigkeit der Legenden

Wolfrum Pitz
Prof. Dr Edgar Wolfrum, Gerhard Pitz

Prof. Dr. Edgar Wolfrum stellte in seinem Kommentar die Hartnäckigkeit der Legendenbildung um das Auswärtige Amt heraus und gab zu bedenken, dass es 60 Jahre lang nicht gelungen sei, diesen Mythos erfolgreich zu dekonstruieren. Die Forschungsergebnisse der Historikerkommission hätten nun klar gezeigt, dass das Auswärtige Amt weder ein Hort des Widerstands noch eine unpolitische Behörde gewesen sei. Dass mit dem Thema während des Kalten Krieges noch anders umgegangen wurde, zeige, so Wolfrum, wie der westdeutsche Antikommunismus in Verbindung mit den über den Zweiten Weltkrieg hinaus bestehenden Netzwerken beim "Reinwaschen" der Behörde geholfen hätte. Wolfrum betonte die Bedeutung der gesellschaftlichen und erinnerungskulturellen Wirkung, die historische Forschungen ausüben können.

Durch den Abend führte Gerhard Pitz, Geschäftsführer der Heinrich Böll Stiftung Baden-Württemberg e.V., dessen Stiftung zusammen mit dem Arbeitsbereich "Public History" die Organisation des Vortrags getragen hatte.  
 

Publikum Conze
 

Das Amt

 

Seitenbearbeiter: Martin Stallmann
Letzte Änderung: 11.05.2011
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