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Rituale und die Ordnung der Welt

Darstellungen aus Heidelberger Handschriften und Drucken des 12. bis 18. Jahrhunderts


 

Ausstellung in der Universitätsbibliothek Heidelberg
27. September 2008 bis 25. Januar 2009

 

In einer Welt ohne geschriebene Verfassung, ohne Gesetzesbücher und Verwaltungsordnungen waren legitime Macht und politische Herrschaft in ungleich höherem Maße angewiesen auf ihre stete Veranschaulichung und wiederholte Inszenierung. Rituale und Zeremonien, so der Konsens breiter interdisziplinärer Forschungen der letzten beiden Jahrzehnte, werden daher nicht länger als schmückendes Beiwerk politischer Entschlüsse und militärischer Entscheidungen verstanden. Stattdessen sind sie in den Blick gerückt als zentrale Akte für das Verständnis vormoderner Gesellschaften.

 

Rituale bildeten die soziale Ordnung nicht nur ab, sondern stellten in detaillierten Prozessions- und Tischordnungen Autorität, Vorrang und Hierarchie überhaupt erst her. Sie demonstrierten etwa im Gestus der Unterwerfung einen Friedensschluss nicht nur, sondern machten die gegenseitige Verpflichtung auf Gewaltverzicht erst verbindlich. Sie ließen die politische Macht des neu gewählten Königs nicht nur sichtbar werden, sondern hoben den Herrscher durch den sakralen Akt der Salbung aus dem Kreis der Fürsten heraus und befähigten ihn damit erst zu seinem von Gott verliehenen Amt.

 

Die Bedeutung der Rituale für die europäischen Gesellschaften der Vormoderne spiegelt sich in der Aufmerksamkeit, die ihnen die Zeitgenossen in Chroniken und historiographischen Berichten, in allgemeinen Zeremonialordnungen und konkreten Absprachen über das zeremonielle Protokoll schenkten. Auch und gerade in Bildern wurden die symbolischen Akte porträtiert und festgehalten. Die Ausstellung zeigt die Macht des Rituals in Politik, Religion, Gesellschaft und Recht am Beispiel von Handschriftenminiaturen, Holzschnitten und Drucken des 12. bis 18. Jahrhunderts aus den Tresoren der Universitätsbibliothek Heidelberg.

 

Die Ausstellung wird im Rahmen der internationalen Tagung „Ritual Dynamics and the Science of Ritual“ eröffnet und kann bis zum 25. Januar 2009 im Manesse-Raum der Universitätsbibliothek besichtigt werden. Das Projekt ist eine Kooperation des Heidelberger Sonderforschungsbereichs 619 „Ritualdynamik“ (Gerald Schwedler), des Instituts für Fränkisch-Pfälzische Geschichte (Carla Meyer) und der Universitätsbibliothek Heidelberg (Karin Zimmermann, Maria Effinger) sowie einer Gruppe engagierter Studierender aus dem Historischen Seminar der Ruprecht-Karls-Universität. Als Praktikanten für das Ausstellungsprojekt sind Nicole Krone, Michael Roth und Simona Stoll tätig. Der Ausstellungskatalog erscheint im Verlag C. Winter.

Seitenbearbeiter: Max Gawlich
Letzte Änderung: 12.12.2014