Die Verfolgung von „Gottlosen“

Konflikte um die Bedeutung von Religion prägen Gesellschaften unserer Gegenwart in ähnlicher Weise wie in  der Geschichte. Das beinhaltet auch die Frage nach dem Platz von Menschen innerhalb einer Gemeinschaft, die die Existenz eines Gottes verneinen. Das Historische Seminar der Universität Heidelberg widmet sich zum Auftakt des neuen Jahres aus historischer Perspektive Fragen zum gesellschaftlichen Umgang mit Atheisten und Freidenkern in den letzten 500 Jahren: Am Freitag und Samstag, dem 13. und 14. Januar 2017, findet im Internationalen Wissenschaftsforum (IWH), Hauptstraße 242, eine vom Historischen Seminar der Universität Heidelberg ausgerichtete interepochale und interdisziplinäre Tagung unter dem Titel „Verfolgter Unglaube: Gesellschaftliche Exklusionsgründe und Ausschlusspraktiken für Nichtreligiöse in Europa und Asien“ statt.

Natürlich geht es dabei nicht darum, ein Gegenangebot zu Veranstaltungen um das Reformationsjubiläum anzubieten. „Wir haben vielmehr beobachtet, dass in den Medien die Debatte über die gegenwärtige Diffamierung, Bedrohung und Verfolgung von Nichtreligiösen auf der ganzen Welt wieder zugenommen hat“, sagt PD Dr. Susan Richter, wissenschaftliche Leiterin der Tagung und am Historischen Seminar Vertreterin des Lehrstuhls für Neuere Geschichte an der Uni Heidelberg. Erst in der letzten Woche hat der Internationale Humanistenverband (IHEU) darauf aufmerksam gemacht, dass Atheisten und Freidenkern in 22 Staaten Haftsstrafen und in 12 Nationen sogar die Todesstrafe drohen. Freiheiten, wie die Glaubensfreiheit, aber eben auch die Freiheit von einem Glauben sind also zunehmend bedroht. Das erfordert auch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Thematik.

Gefragt werden muss etwa, wo die Wurzeln der Verfolgung von „Gottlosen“ liegen? Gab es theologische oder juristische Grundlagen, „Gottesleugner“ zu verurteilen und zu bestrafen? Und wie gingen Gesellschaften außerhalb Europas – etwa in Indien oder Ostasien – mit dem Thema Unglauben um?  In insgesamt 13 Vorträgen widmen sich renommierte WissenschaftlerInnen – darunter nicht nur HistorikerInnen, sondern auch Ethnologen, Kultur- und ReligionswissenschaftlerInnen – von verschiedenen Universitäten Europas zwei Tage lang diesen Fragen. Sie richten den Blick dabei auf den gesellschaftlichen Umgang mit Atheismus zwischen dem Mittelalter und dem 20. Jahrhundert.

Zu einem öffentlichen Vortrag lädt das Historische Seminar am Freitagabend, dem 13. Januar 2017, in den Säulensaal des Musikwissenschaftlichen Seminars, Augustinergasse 7, ein. Um 19.30 Uhr spricht dort Prof. Dr. Johannes Quack von der Universität Zürich zum Thema „Die wissenschaftliche und politische Verfolgung des Unglaubens in Indien“. Der Ethnologe beschäftigt sich an der Universität Zürich schwerpunktmäßig mit religiösen Bewegungen und kulturellen Bedeutungssystemen. Sein regionaler Fokus liegt auf Südasien, Indien sowie auf Europa. Er war außerdem Projektleiter des Emmy-Noether-Projekts „Die Vielfalt der Nichtreligion. Religiöse-Nichtreligiöse Dynamiken in der heutigen Welt“ – und wurde 2013 mit dem Max-Weber-Preis für Nachwuchsforschung der Universität Erfurt ausgezeichnet. Der Eintritt zum Vortrag ist frei.

Im Vorfeld wurde die Organisation der Tagung von Studierenden des Historischen Seminars unterstützt, die im Wintersemester 2016/17 thematisch passend eine Lehrveranstaltung zum Thema Atheismus in der Neuzeit belegt haben und dabei praktische Aufgaben zur Vorbereitung der Tagung übernahmen.

Anmeldung: Bis 11.01.2017

Plakat (pdf)

Kontakt:
PD Dr. Susan Richter
Historisches Seminar
Grabengasse 3-5
69117 Heidelberg
Tel.: +49 (0)6221 54 2269
susan.richter@zegk.uni-heidelberg.de

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Letzte Änderung: 19.12.2016
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