Erfahrungsbericht der UN-Klimakonferenz, Bonn, November 2017

von Friederike Bickmann
Die Delegation des IPW Heidelberg auf der UN-Klimakonferenz 2017
Maximilian Jungmann, Friederike Bickmann, Christine Reiner, Martina Vetrovcova, Nicole Schmidt

 

"We are sinking" - der Zwischenruf eines aus Fidschi stammenden Veranstaltungsteilnehmers macht deutlich: Der Klimawandel ist spürbar für Mensch und Umwelt - eine Tatsache, die durch wissenschaftliche Literatur längst belegt ist [1] [2] - und doch bei meinem Besuch der UN-Klimakonferenz (Conference of Parties, COP 23) in Bonn durch Erfahrungsberichte von Betroffenen eine besondere Intensität erfährt. Die Motivation und gleichzeitige Dringlichkeit, dem Klimawandel entgegenzuwirken, ist in der Bonn Zone, der für die Öffentlichkeit zugänglichen Zone der Klimakonferenz, spürbar.

Die UN-Klimakonferenz 2017: Ziele und inhaltliche Schwerpunkte


SDiskussionsrunde bei der UN-Klimakonferenz 2017eit 1995 kommen die Vertragsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention sowie anderer UN-Klimaabkommen jährlich auf der Klimakonferenz zusammen - dieses Jahr unter der Präsidentschaft der Fidschi-Inseln. Die COP 23 stand ganz im Zeichen des 2015 verabschiedeten Pariser Klimaabkommens, das bis heute 197 Staaten unterzeichnet und 170 Staaten ratifiziert haben. [3] Ziel der Konferenz war es unter anderem ein Regelwerk mit Implementierungsrichtlinien zu erstellen: Die nationalen Beiträge zur Minderung der Treibhausgasemissionen (Nationally determined contributions, NDCs) sollen messbar, in einem öffentlichen Register zugänglich und somit überprüfbar gemacht werden. [4] Durch die Minderungsmaßnahmen der Vertragsstaaten soll die durchschnittliche globale Erderwärmung auf 2°C bzw. 1.5°C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzt werden. [5]
Während die Delegierten der Vertragsstaaten in der Bula Zone über gemeinsame Maßnahmen verhandelten, fanden in der Bonn Zone Veranstaltungen, Vorträge und Paneldiskussionen zu aktuellen Fragestellungen rund um den Klimawandel statt. Unterschiedliche thematische Schwerpunkte (beispielsweise Gender & Klimawandel, Sustainable Development Goals oder Finanzierung von Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen) gestalteten die Veranstaltungen der Konferenztage. Die Frage der Finanzierung ist insbesondere für finanzschwache und hinsichtlich des Klimawandels sehr vulnerable Staaten eine Herausforderung. Die Voraussetzungen der Vertragsstaaten sind hinsichtlich ihrer Ressourcen, Anpassungsoptionen und der Beeinträchtigung durch den Klimawandel sehr unterschiedlich, insbesondere im Vergleich zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern.

Der Einfluss der Landwirtschaft auf den Klimawandel      

       
NPlenum der UN-Klimakonferenz 2017 in Bonneben der Problematik der Finanzierung erschien mir ein zweites Thema auf der Konferenz sehr präsent zu sein: Die durch den Tierbestand emittierten Treibhausgase und die damit verbundene, notwendige Umstellung auf pflanzenbasierte Nahrung. Dr. Marco Springman (University of Oxford, UK), Dr. Helen Harwatt (Loma Linda University, USA) und Alon Shepon (Weizmann Institute of Science, Israel) diskutierten im Rahmen des Vortrages "Reducing livestock's long shadow - opportunities to keep warming well below 2°C“ [6] die Auswirkungen der Nutztierzucht auf das globale Klima: Harwatt machte in ihrem Vortrag deutlich, dass die landwirtschaftliche Tierzucht einer der Hauptverursacher für die Emission von Treibhausgasen ist - aufgrund der Tierhaltung sowie der massiven Landnutzung und der Zunahme von Landnutzungsänderungen, um Tierzucht zu betreiben. [7] Diese Aussagen wurden durch modellbasierte Hochrechnungen von Springman und Studien von Shepon untermauert, die eine Umstellung auf pflanzenbasierte Nahrung nicht nur aufgrund des Emissionsaustoßes für notwendig halten, sondern ebenfalls aufgrund einer zunehmenden Weltbevölkerung einhergehend mit steigendem Flächen- und Nahrungsmittelbedarf. [8] [9] Dass sich Ernährungsgewohnheiten dringend ändern müssen und sowohl von staatlicher Seite als auch durch die internationale Gemeinschaft im Rahmen des Paris Abkommens politische Regulierung erfolgen muss, darin waren sich die ReferentInnen einig: "Warum ist das vegetarische Essen auf der COP 23 eigentlich teurer?" - eine gute Frage, die die Veranstalter zu Beginn des Vortrags stellten, vor allem hinsichtlich der beworbenen Klimaverträglichkeit der Klimakonferenz. Die Aufforderung, die durch Nutztierhaltung verursachten Emissionen zu mindern, wurde nicht nur im Rahmen dieser Veranstaltung laut, sondern war auch Gegenstand anderer Podiumsdiskussionen.

Der Besuch der Klimakonferenz - eine wertvolle Erfahrung


Der Besuch der KlimakonferenzEindrücke der UN-Klimakonferenz 2017 im Rahmen meines Forschungspraktikums am Lehrstuhl für Politische Wissenschaft (Prof. Dr. Jale Tosun) war eine wichtige Erfahrung für mein Masterstudium: Die Möglichkeit, aktuellen Debatten namenhafter KlimaforscherInnen über Strategien und Innovationen in der Klimapolitik sowie Erfahrungsberichten verschiedener StaatsvertreterInnen folgen zu können, war sehr bereichernd für meinen weiteren universitären Werdegang. Die Vielfalt der internationalen Forschungsinstitute und Organisationen, die ihre Beiträge zur Bekämpfung des Klimawandels am Rande der Klimakonferenz präsentierten und im Rahmen von Vorträgen Kritik an den nationalen Klimaprojekten sowie den Prozessen auf internationaler Ebene übten, ist immens. In der Bonn Zone führte dies zusammen mit den Beiträgen der "Pavillons" verschiedener Staaten, insbesondere der kulturellen Beiträge der Fidschi-Inseln, zu einer heiteren, motivierten und entschlossenen Stimmung, dem Klimawandel entgegen zu treten. Im weiteren Verlauf meines Forschungspraktikums werde ich mich mit Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen im Sektor Landwirtschaft beschäftigen - im Sinne des Vortrags von Harwatt, Springman und Shepon wird dies hinsichtlich der globalen klimatischen Veränderungen ein spannendes Forschungsfeld bleiben.

 

 

[1] Intergovernmental Panel on Climate Change (2014): Climate Change 2014: Synthesis, online:  https://www.ipcc.ch/report/ar5/syr/ (Abrufdatum: 30.11.2017).

[2] United Nations Framework Convention on Climate Change (2017):  Summary report on the ninth meeting of the research dialogue Bonn, Germany, 10 May 2017: Note by the Chair of the SBSTA, online: http://unfccc.int/files/science/workstreams/research/application/pdf/researchdialogue_2017_2_summaryreport.pdf (Abrufdatum: 30.11.2017).

[3] United Nations Framework Convention on Climate Change (2017): The Paris Agreement, online: http://unfccc.int/paris_agreement/items/9485.php. (Abrufdatum: 30.11.2017).

[4] United Nations Framework Convention on Climate Change (2016): Taking the Paris Agreement forward: Tasks arising from decision 1/CP.21, online: http://unfccc.int/files/bodies/cop/application/pdf/overview_1cp21_tasks_.pdf (Abrufdatum: 30.11.2017).

[5] United Nations (2015): Paris Agreement, online: http://unfccc.int/files/essential_background/convention/application/pdf/english_paris_agreement.pdf (Abrufdatum: 30.11.2017).

[6] ProVeg International & Green Course (2017): Reducing livestock's long shadow - opportunities to keep warming well below 2⁰C, online: https://seors.unfccc.int/seors/attachments/get_attachment?code=IO7LY16OJC10J4U0QBQ1PQA2UYEPMXZ9 (Abrufdatum: 30.11.2017).

[7] Sabaté, Joan, Kitti, Harwatt, Helen, Soret, Sam (2014): The Environmental Cost of Protein Food Choices – CORRIGENDUM, in: Public Health Nutrition (November 2014), online: https://www.researchgate.net/publication/267932856_The_Environmental_Cost_of_Protein_Food_Choices_-_CORRIGENDUM (Abrufdatum: 30.11.2017).

[8] Springman, Marco, Godfray, H. Charles J., Rayner, Mike, Scarborough, Peter (2016): Analysis and valuation of the health and climate change cobenefits of dietary change, in: Proceedings of the National Academy of Science of the United States of America, 113:5, 4146-4151, online: http://www.pnas.org/content/113/15/4146.full (Abrufdatum: 30.11.2017).

[9] Shepon, Alon, Eshel, Gideon, Noor, E., Milo, Ron (2016): Energy and protein feed-to-food conversion efficiencies in the US and potential food security gains from dietary changes, in: Environmental Research Letters, 11 (2016), online: https://www.researchgate.net/publication/308889497_Energy_and_protein_feed-to-food_conversion_efficiencies_in_the_US_and_potential_food_security_gains_from_dietary_changes (Abrufdatum: 30.11.2017).

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Letzte Änderung: 17.01.2018
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